Informationsfreiheitssatzungen von Kommunen und Landkreisen in Hessen – eine Übersicht

Transparenz/ Oktober 8, 2019/ alle Beiträge, Hessische Landespolitik, Informationsfreiheit / Transparenz, Regionales/ 0Kommentare

Am 25.05.2018 trat das Hessische Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz (HDSIG) in Kraft. Es ist das mit Abstand schlechteste Informationsfreiheitsgesetz in Deutschland und wird nur von den (nach wie vor nicht vorhandenen) Informationsfreiheitsgesetzen der Länder Bayern, Niedersachsen und Sachsen getoppt.

Eine der zentralen Mängel des HDSIG: Gemeinden, Städte und Landkreise, aber auch Polizei, Verfassungsschutz sind nach den Bestimmungen des § 81 HDSIG aus dem Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Gemeinden, Städte und Landkreise sind aber ermächtigt, eigene Informationsfreiheitssatzungen zu erlassen. Davon haben nach Kenntnis der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main bislang nur wenige kommunale Gebietskörperschaften Gebrauch gemacht:

Eine erste kurze Bewertung dieser fünf Informationsfreiheitssatzungen:

  • Die Informationsfreiheitssatzungen des Landkreises Marburg-Biedenkopf und der Städte Bad Soden a. Ts. und Kassel beziehen sich unmittelbar auf die §§ 80 – 89 HDSIG und sind äußerst kurz gefasst. Ob dies ausreichend ist, um im konkreten Fall Missverständnisse und unterschiedliche bzw. restriktive Interpretationen des HDSIG zu vermeiden, wird die jeweilige Auskunftspraxis erweisen.
  • Während in § 80 Abs. 1 HDSIG geregelt ist, dass „jeder… Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen“ hat, begrenzen die Informationsfreiheitssatzungen der Landkreise Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau und Marburg-Biedenkopf den Informationsanspruch ausschließlich auf die Einwohner*innen des jeweiligen Landkreises und auf juristischen Personen des Privatrechts mit Sitz im jeweiligen Landkreis.
  • Dies hat auch zur Folge, dass anonyme oder pseudonyme Anfragen, die nach HDSIG möglich sind (und im Einzelfall auch beantwortet werden) gegenüber den genannten Landkreisen nicht möglich sind.
  • Die Informationsfreiheitssatzung des Landkreises Groß-Gerau gilt nicht für das kommunale Jobcenter des Kreises Groß-Gerau, da dieses die Rechtsform einer selbständigen Anstalt des öffentlichen Rechts hat. Informationen zu internen Arbeitsanweisungen dieses Jobcenters sind daher auch weiterhin nicht öffentlich zugänglich.
  • Die Informationsfreiheitssatzungen der Landkreise Groß-Gerau und Marburg-Biedenkopf sowie der Stadt Bad Soden a. Ts. sind unbefristet in Kraft gesetzt worden.
  • Die Informationsfreiheitssatzung des Landkreises Darmstadt-Dieburg ist unbefristet in Kraft gesetzt worden und soll zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten evaluiert werden.
  • Die Informationsfreiheitssatzung der Stadt Kassel ist zeitlich begrenzt und tritt fünf Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

Der Oberbürgermeister Stadt Offenbach hat auf Anfrage gegenüber der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main erklärt, dass er eine Informationsfreiheitssatzung ablehnt bzw. nicht für notwendig hält.

Der Magistrat der Stadt Frankfurt hat auch nach mehr als einem Jahr weder auf eine Anfrage der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main noch eine parlamentarische Anfrage der FDP-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung reagiert.


Update 15.07.2020

Durch einen Einwohner der Stadt Maintal (Mainkinzigkreis) wurde die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main informiert, dass es in dieser Kommune seit März 2013 bereits eine kommunale Informationsfreiheitssatzung gibt, die aber auch unter den Einwohner*innen der Stadt kaum bekannt und daher wenig genutzt wird.


Update 22.11.2020

Am 04.11.2020 wurde von der Stadtverordnetenversammlung einstimmig eine Informationsfreiheitssatzung für Neu-Isenburg (Landkreis Offenbach) beschlossen. So positiv der Beschluss der Stadtverordneten in Neu Isenburg grundsätzlich zu bewerten ist, fallen aber zwei zentrale Mängel der Satzung sofort ins Auge:

  • In § 1 der Satzung wird der Informationsanspruch begrenzt auf Einwohner*innen der Stadt Neu Isenburg und dort ansässige juristische Personen (Unternehmen, Vereine etc.).
  • In § 4 wird festgelegt, dass die Satzung zum 31.12.2022 wireder außer Kraft tritt.

Update 16.02.2021

Die Stadt Alsfeld (Vogelsbergkreis) verfügt bereits seit 2015 (also noch vor Inkrafttreten des HDSIG) über eine kommunale Informationsfreiheitssatzung, deren Geltung zeitlich nicht befristet ist. So gut das auch ist: Bereits beim ersten Blick in die Satzung fallen Restriktionen auf.


Update 17.02.2021

Auch der Landkreis Waldeck-Frankenberg im Nordwesten von Hessen verfügt seit 26.02.2013 über eine Informationsfreiheitssatzung. Aber sie hat schwere Mängel. Näheres dazu hier.


Update 19.10.2021

  1. Am 15.07.2021 hat die Stadtverordnetenversammlung in Offenbach einer Vorlage des Magistrats der Stadt Offenbach für eine kommunale Informationsfreiheitssatzung zugestimmt. Nach Bewertung der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main ist diese Satzung von schwerwiegenden Mängeln geprägt. Seit 14.10.2021 ist die Satzung im Wortlaut auf der Homepage der Stadt Offenbach veröffentlicht.
  2. In der Stadtverordnetenversammlung der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden wurde am 15.07.2021 ein Antrag beschlossen, der den Magistrat auffordert, einen Entwurf einer Informationsfreiheitssatzung auszuarbeiten und den Stadtverordneten zur Beschlussfassung vorzulegen. Als Grundlage für die Ausarbeitung der Satzung wurde die Mustersatzung „Informationsfreiheit für Städte und Gemeinden in Hessen“ der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main benannt.

Update 22.10.2021

Im Landkreis Offenbach hat der Kreistag am 09.12.2020 in einem Beschluss den Kreisausschuss „beauftragt zu prüfen, wie eine Satzung zur kommunalen Anwendbarkeit des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz (HDISG) rechtssicher formuliert sein muss“ sowie dem Kreistag einen Satzungsentwurf zur Beschlussfassung vorzulegen.“

Und seitdem? Still ruht der See!


Update 03.12.2021

In Frankfurt beginnt nach Anträgen der Fraktion DIE FRAKTION und den Fraktionen der Römer-Koalition (Grüne, SPD, FDP, Volt) die parlamentarische Beratung einer kommunalen Informationsfreiheitssatzung.


Update 16.12.2021

Die Stadtverordnetenversammlung in Darmstadt hat am 14.12.2021 eine kommunale Informationsfreiheitssatzung beschlossen, die am 01.04.2022 in Kraft treten soll.


Update 18.06.2022

Die Stadtverordnetenversammlung in Wiesbaden hat am 10.02.2022 eine kommunale Informationsfreiheitssatzung beschlossen, die am 01.01.2023 in Kraft treten soll.


Sollten Leser*innen dieses Beitrags weitere kommunale Informationsfreiheitssatzungen aus hessischen Städten, Gemeinden oder Landkreisen bekannt sein werden sie gebeten, der Redaktion dieser Homepage unter kontakt [at] ddrm.de einen Hinweis zuzusenden.

 

 

 

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*