Offenbach: Oberbürgermeister sieht „keinen sinnvollen Anwendungsbereich für eine Informationsfreiheitssatzung“

Transparenz/ Juni 28, 2019/ alle Beiträge, Informationsfreiheit / Transparenz, Jobcenter MainArbeit Stadt Offenbach/ 0Kommentare

Das ist der Kern und der vorletzte Satz eines Schreibens, mit dem der Offenbacher Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke (SPD) auf eine Anregung der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main vor wenigen Tagen antwortete. Seine Position begründet der Offenbacher Oberbürgermeister mit drei verschiedenen Argumentationssträngen, bei denen er Datenschutz einerseits und Informationsfreiheit bzw. Transparenz staatlichen Handelns andererseits so vermengt, dass Zweifel an den Rechtskenntnissen des früheren Lehrers für die Fächer Politik und Wirtschaft und/oder an der Seriosität seiner Aussagen entstehen müssen.

1.

Paradisisch, die Zustände in der Stadt Offenbach. Sie ist jetzt schon Spitze bei der Transparenz des Verwaltungshandelns und der Information seiner Bürger*innen, so Herr Dr. Schwenke. Eine Informationsfreiheitssatzung ist daher nicht notwendig.

Warum nur verpflichten sich andere staatliche Instanzen (z. B. der Bund, das Bundesland Hamburg oder die Landkreise Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau) mit Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetzen und -satzungen dazu, ihre jeweiligen Bürger*innen und andere interessierte Menschen Einsicht in ihr Verwaltungshandeln zu geben? Was könnten sie von der Stadt Offenbach lernen?

2.

Redet hier ein Blinder von der Farbe?“, fragt sich der Verfasser dieses Beitrags.

Im Schreiben der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main wird – bezogen auf eine große Zahl von Konflikten in der MainArbeit, dem kommunalen Jobcenter der Stadt Offenbach – festgestellt: Menschen, die vom Handeln städtischer Ämter, Betriebe und Einrichtungen im Offenbach betroffen sind, haben aber wg. der Ausnahmeregelung in § 81 Abs. 1 Ziffer 7 HDSIG weiterhin keine Rechtsgrundlage, um Informationen über deren Richtlinien, Arbeitsanweisungen und anderes zu erhalten. Nicht nur (aber vor allem) für Menschen die in einem Rechtsverhältnis zu Ämtern und Betrieben der Stadtverwaltung Offenbach stehen, ist dies ein nicht hinnehmbarer Mangel. Deutlich wird dies insbesondere an den Konflikten, die sich am Verwaltungshandeln der MainArbeit, des kommunalen Jobcenters der Stadt Offenbach, entzünden und die immer wieder auch öffentliche Aufmerksamkeit hervorrufen. Hier wäre Transparenz und Offenheit in vielen Fällen Grundlage für eine Entschärfung und/oder Versachlichung von Konflikten.“

Es geht also nicht um Datenschutz und die Veröffentlichung personenbezogener Daten gegenüber anfragenden Dritten, wie dies der Offenbacher Oberbürgermeister in seiner Stellungnahme suggeriert. Es geht ausschließlich darum, dass Menschen aus Offenbach, die Leistungen des kommunalen Jobcenters MainArbeit in Anspruch nehmen müssen, einen Anspruch darauf haben, dass die internen Arbeitsanweisungen der MainArbeit für die Anwendung der Regelungen im Sozialgesetzbuch (SGB), insbesondere im SGB II („Hartz IV“) nicht nur den Sachbearbeiter*innen, sondern auch den Betroffenen bekannt sind.

Auch hier lohnt ein Blick auf Hamburg und die Bundesagentur für Arbeit. Beide veröffentlichen Ihre Arbeitsanweisungen für die Umsetzung des SGB II im Internet. Unter „Auskünfte nach dem Informationsfreiheitsgesetz veröffentlicht das Jobcenter Hamburg die Fachlichen Weisungen SGB II der Bundesagentur für Arbeit, die „Fachlichen Vorgaben und Weisungen der Freien und Hansestadt Hamburg sowie die die Handlungsanweisungen und Arbeitsanleitungen von Jobcenter team.arbeit.hamburg, wie hier nachzulesen ist.

Dies und nichts anderes fordert die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main auch von der Stadt Offenbach und der MainArbeit, dem kommunalen Jobcenter der Stadt Offenbach.

3.

Und hier erhält die Argumentation des Offenbacher Oberbürgermeister endgültig einen obrigkeitsstaatlichen Duktus: Wir wissen besser als die Bürger*innen, was für sie gut ist! Und das machen wir! Und lassen uns dabei von den Betroffenen nicht reinreden! Dieses Demokratieverständnis bedarf keiner weiteren Kommentierung. Aber – in Abwandlung eines seit Jahrhunderten kursierenden Bonmots – der Feststellung: Tu felix Offenbach.

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