Kommunale Informationsfreiheitssatzungen in Hessen – eine (aktualisierte) Übersicht
1. Informationsfreiheitssatzungen auf der Basis der §§ 80 – 89 Hessisches Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz (HDSIG):
- Landkreise Groß-Gerau, Lahn-Dill-Kreis, Main-Taunus-Kreis, Marburg-Biedenkopf, Offenbach
- Städte und Gemeinden Bad Soden a. Ts., Darmstadt, Eichenzell, Frankfurt, Kassel, Neu-Isenburg, Offenbach, Schwalbach a. Ts., Wiesbaden
2. Ältere Infofreiheitssatzungen (vor Inkrafttreten des HDSIG beschlossen, aber noch immer in Kraft):
- Landkreis Waldeck-Frankenberg
- Städte Alsfeld, Friedberg, Maintal (Fehler der Redaktion! Bitte beachten: Es handelt sich bei Friedberg um eine Stadt im Bayern, nicht um die hessische Kreisstadt des Wetteraukreises)
- Das hessische Innenministerium erklärt dazu auf seiner Homepage: “Der Gesetzgeber wollte mit der neuen Optionsmöglichkeit nach § 81 Abs. 1 Nr. 7 HDSIG bereits bestehende kommunale Informationsfreiheitssatzungen ‘älteren Typs’ nicht automatisch verdrängen (vgl. LT-Drs. 19/5728 S. 97).”
3. Entwürfe von Informationsfreiheitssatzungen , die derzeit Gegenstand parlamentarischer Beratung sind:
- Landkreis Odenwaldkreis
- Städte und Gemeinden Kronberg, Wehrheim
4. Der Landkreis Darmstadt-Dieburg hat mit Beschluss des Kreistags vom 0711.2022 seine am 08.04.2019 beschlossene Informationsfreiheitssatzung wieder aufgehoben. Als Begründung für diesen Schritt erklärt der Kreisausschuss in seiner Vorlage an den Kreistag: „Die Evaluierung der Informationsfreiheitssatzung (Vorlage-Nr. 0609-2021/DaDi) hat auf die geringe Bedeutung für die Informationserlangung durch den berechtigten Personenkreis hingewiesen. Hieran hat sich fortfolgend eher eine zunehmende Zahl an von Individualinteressen motivierten Anfragen angeschlossen. Auch wenn die Zahl der Anträge weiter als gering (2022: bis jetzt 7) einzustufen sind, ist die Berücksichtigung im Tagesgeschäft (bei gleichzeitiger Zurückstellung anderer Aufgaben) ein relevanter Faktor.“
5. In Dreieich (Landkreis Offenbach) hat eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung am 27.06.2023 einen Antrag der Fraktion der Grünen, eine Informationsfreiheitssatzung zu erarbeiten, abgelehnt.
6. Sollten den Leser*innen dieses Beitrag weitere kommunale Informationsfreiheitssatzungen bekannt sein, bitten wir um entsprechende Information an kontakt [at] ddrm.de.
7. Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hat im Dezember 2019 einen ersten Entwurf einer Informationsfreiheitssatzung für hessische kommunale Gebietskörperschaften veröffentlicht.
Anlass dafür war, dass in Hessen auf der Grundlage des § 81 Abs. 1 Ziffer 7 HDSIG alle kommunalen Gebietskörperschaften aus dem Geltungsbereich des Hessischen Datenschutz und Informationsfreiheitsgesetzes (HDSIG) ausgenommen sind; es sei denn, sie beschließen jeweils für sich eigene kommunale Informationsfreiheitssatzungen. Von dieser Möglichkeit haben aktuell lediglich 16 Städte, Gemeinden und Landkreise Gebrauch gemacht. In Hessen gibt es es aber insgesamt nahezu 600 rechtlich selbständige kommunale Gebietskörperschaften, darunter
- 422 Städte und Gemeinden, davon 191 Städte (incl. der 5 kreisfreien Städte Darmstadt, Frankfurt, Kassel, Offenbach und Wiesbaden) und 231 Gemeinden,
- 21 Landkreise,
- mindestens 119 kommunale Zweckverbände unterschiedlichster Art und Aufgabenstellung,
- 4 kommunale Jobcenter (Groß Gerau, Lahn-Dill-Kreis, Main-Kinzig-Kreis, Landkreis Offenbach) die als rechtlich selbständige Anstalten öffentlichen Rechts Aufgaben kommunaler Gebietskörperschaften (der entsprechenden Landkreise) wahrnehmen
- sowie eine unbekannte Anzahl weiterer rechtlich selbständiger Organisationen, denen von kommunaler Gebietskörperschaften (Gemeinden und Landkreisen) Aufgaben übertragen wurden, z. B. das Gesundheitsamt für die Stadt Darmstadt und den Landkreis Darmstadt-Dieburg.
Auf Grund von Rückmeldungen aus der Bürgerschaft, aber auch von Kommunalpolitiker*innen, hat die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main ihren Entwurf überarbeitet und in einer Neufassung veröffentlicht. Wesentliche Grundlagen für die Neufassung des Satzungsentwurfs waren
- der im Oktober 2022 veröffentlichte Entwurf für ein Landestransparenzgesetz Baden-Württemberg, den der frühere Datenschutz- und Informationsfreiheitsbeauftragte von Baden-Württemberg, Stefan Brink, erarbeitet hat sowie
- der Entwurf für ein Bundestransparenzgesetz, , der im November 2022 von einem zivilgesellschaftliches Bündnis (FragdenStaat, Netzwerk Recherche, Mehr Demokratie e.V., Deutsche Gesellschaft für Informationsfreiheit, Transparency International Deutschland, Abgeordnetenwatch, Lobbycontrol, Wikimedia Deutschland, Deutscher Journalisten-Verband) veröffentlicht wurde.
In den beiden Gesetzentwürfen und in der Neufassung des Entwurfs der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main für eine kommunale Informationsfreiheitssatzung wird
- ein Transparenzregister gefordert, in dem grundsätzlich alle amtlichen Informationen veröffentlicht werden sollen, soweit es nicht zwingende rechtliche Gründe für Abweichungen von diesem Gebot gibt und
- zu den Kosten für Auskünfte eindeutig festgestellt wird, dass für Informationsfreiheitsanfragen „keine Kosten (Gebühren und Auslagen) oder sonstigen Entgelte erhoben“ werden.
Update 24.10.2023
In der Stadt Kronberg (Hochtaunuskreis) wurde am 07.09.2023 eine kommunale Informationsfreiheitssatzung beschlossen und am 24.10.2023 durch Veröffentlichung in Kraft gesetzt.
Sehr geehrte Damen und Herren,
sie befassen sich hier mit einer hochinteressanten Materie. Für mich erstaunlich ist, dass ein auf Bundesebene erlassenes Gesetz zur Informationsfreiheit in Hessen wiederum umgangen wird, indem Gemeinden eine Offenlegung von Informationen quasi selber bestimmen können. Kein Wunder, dass nur eine Handvoll Städte und Gemeinden die notwendige Satzung verabschiedet haben……
Mir ist auf dieser Seite unter Punkt 2 noch etwas aufgefallen. Die Stadt Friedberg ist hier aufgeführt, allerdings mit Friedberg in Bayern (bei Augsburg) verlinkt.
Freundliche Grüße
Thomas Reibstein
Sehr geehrter Herr Reibstein,
Sie haben recht! Bezogen auf Friedberg haben wir tatsächlich übersehen, dass es sich nicht um die hessische Kreisstadt, sondern um eine Stadt in Bayern handelt. Wir werden unsere Information entsprechend korrigieren.
Was die Geltung des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG) angeht irren Sie aber. Dieses Gesetz gilt nur für Behörden auf Bundesebene. Wegen der föderalen Struktur der Bundesrepublik haben die Länder in vielen Bereichen eigene Gesetzgebungskompetenz, auch bei der Informationsfreiheit. In 14 der 16 Bundesländer gibt es eigene Informationsfreiheits- bzw. Transparenzgesetze, die für die jeweilige Landesverwaltung und die in diesem Land bestehenden kommunalen Gebietskörperschaften gelten. In Bayern und Niedersachsen gibt es keine entsprechende Gesetzgebung auf Landesebene, so dass in diesen beiden Bundesländern, vor allem aber in Bayern, viele Städte und Gemeinden kommunale Informationsfreiheissatzungen erlassen haben.