Frankfurt: Fragen zur Videoüberwachung an der Konstablerwache an den Polizeipräsidenten
Ein Mensch aus Frankfurt hat sich bei Gerhard Bereswill, Polizeipräsident in Frankfurt, über die – nicht nur – seiner Ansicht nach rechtswidrige Videoüberwachung an der Konstablerwache beschwert. Seine Beschwerde hat er auch dem Hessischen Datenschutzbeauftragten und der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main zur Kenntnis gegeben. Mit Zustimmung des Verfassers veröffentlichen wir nachstehend sein Beschwerdeschreiben in anonymisierter Form:
„Sehr geehrter Herr Polizeipräsident, sehr geehrte Damen und Herren,
anlässlich des gestern begonnenen Strafprozesses gegen die mutmaßlichen Mörder des Kasseler Regierungspräsienten Walter Lübcke nahm ich an einer Kundgebung teil, die an der Konstablerwache in der Frankfurter Innenstadt nahe des Gerichtviertels stattfand. Bei dieser Gelegenheit fiel mir auf, dass der Mast für eine der vier Dome-Kameras rund um die Konstablerwache erneuert worden ist und dabei – bewusst oder versehentlich – auf die vorher vorhandene Kennzeichnung als polizeiliche Überwachungskamera verzichtet wurde. Dieser Kameramast befindet sich in der südwestlichen Ecke der Konstablewache nahe der Kreuzung Fahrgasse / Reineckstraße. An dem Mast an der nordöstlichen Ecke der Konstablerwache, an dem sich zwei Dome-Kameras in unterschiedlicher Höhe befinden, ist die alte Beschilderung noch vorhanden. Entsprechende, von mir gestern bzw, vor mehreren Jahren gemachte Fotos sind dieser Mail beigefügt. Ich halte die vorhandene Beschilderung für nicht ausreichend.
- Ein Schild für insgesamt drei Kameramasten (der dritte befindet sich an der nordwestlichen Ecke der Konstablerwache), die sich – über die Diagonale des Platzes gemessen – ca. 40 Meter voneinander entfernt befinden, erscheint mir nicht ausreichend. Passant*innen, die von der Fahrgasse oder der Hauptwache kommend den Platz überqueren werden erst am anderen Ende des Platzes über den Tatbestand der Überwachung unterrichtet.
- Neu hinzu kommt, dass ich die Beschilderung auch inhaltlich für unzureichend halte. Nach zwei Urteilen des Oberverwaltungsgerichts NRW zu Videokameras der Polizei in Köln und Dortmund von Anfang diesen Jahres, in denen der Polizei zu Schutz des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit auferlegt wurde, ihre Kameras während Kundgebungen und Demonstrationen sichtbar zu verhüllen oder abzuschalten, halte ich eine solche Maßnahme auch in Frankfurt an allen Standorten polizeilich genutzter Videoüberwachungsanlagen für notwendig. Wie das gehen könnte, hat das Polizeipräsidium Köln vor wenigen Tagen in einer Pressemitteilung (hier nachlesbar: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/12415/4614985) mitgeteilt.
Die Konstablerwache, aber auch der “Kaisersack” am Hauptbahnhof, sind beliebte Plätze für Kundgebungen in Frankfurt. Dort eine Beschilderung wie in Köln vorzunehmen (Muster aus Köln anbei als pdf-Datei) halte ich für zwingend geboten. Wg. der Bedeutung der Sache sende ich diese Mail mit der Bitte um (datenschutz-)rechtliche Prüfung auch an den Hessischen Datenschutzbeauftragten. Zugleich erlaube ich mir, diese Mail auch der Bürgerinitiative Datenschützer Rhein-Main zur Kenntnis zu geben, die sich nach meiner Bewertung seit einigen Jahren des Themas Überwachung im öffentlichen Raum gut angenommen haben.“
Redaktioneller Hinweis:
Der Verfasser dieser Beschwerde bezieht sich auf zwei Urteile des Oberverwaltungsgerichts NRW, die hier und hier in wesentlichen Auszügen bzw. im Wortlaut veröffentlicht sind. Nachstehend veröffentlichen wir auch die Fotos, die der Verfasser dieser Beschwerde seiner E-Mail beigefügt hat.
Videoüberwachungskamera der Polizei an der Südwestecke der Konstablerwache 2013 und 2020
Videoüberwachungskameras der Polizei an der Nordostecke der Konstablerwache 2020
Fragwürdig war die Videoüberwachung durch die Frankfurter Polizei auch schon früher!
Im Mai 2017 hatten Mitglieder der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein-Main Gelegenheit, die Inhalte der Verfahrensverzeichnisse einzusehen, die die Polizei zu Ihren Videoüberwachungsanlagen erstellt hatte. Eine der Fragen war: Welchen Zweck verfolgt die jeweilige Videoüberwachung? Den Vogel schoss dabei das Verfahrensverzeichnis für die Konstablerwache ab. Hier wurde als Verwendungszweck das Sicherheitsempfinden der Bürger*innen angeführt.
In diesem Zusammenhang verweise ich auf eine schriftliche Anfrage (Schriftwechsel 1. Link/ URL s. u.), eines Bürgers zur Kasseler Videoüberwachung, an den LfV Hessen. Diesbezüglich sei auch an die beiden Netzpolitik-Artikel von Hannah Grün erinnert (2. & 3. Link/ URL s. u.).
Schriftwechsel mit dem LfD Hessen bezüglich der Beschilderung/ Kennzeichnung der öffentlichen Videoüberwachung in Kassel
https://www.ks-watch.de/uploads/BeschilderungHeDaB.pdf
Kassel treibt Videoüberwachung trotz ungeklärter Rechtsgrundlage voran (netzpolitik.org, Update, 14.12.17)
https://netzpolitik.org/2017/kassel-treibt-videoueberwachung-trotz-ungeklaerter-rechtsgrundlage-voran/
Kassel plant Ausweitung der Videoüberwachung – obwohl die Kriminalität sinkt (netzpolitik.org, 16.11.17)
https://netzpolitik.org/2017/kassel-plant-ausweitung-der-videoueberwachung-obwohl-die-kriminalitaet-sinkt/
Bis heute ist nicht zu erkennen, dass sich der LfD Hessen, Ressort Dr. Michael Ronellenfitsch, im Hinblick auf die öffentliche Videoüberwachung in Kassel, um eine Klärung bemüht!