Frankfurt am Main: Ungenügende Informationsfreiheits-Satzung beschlossen und veröffentlicht

Datenschutzrheinmain/ März 21, 2013/ alle Beiträge, Frankfurter Datenschutzbüro, Informationsfreiheit / Transparenz/ 1Kommentare

Im Amtsblatt der Stadt Frankfurt am Main vom 30.10.2012 wurde die Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen des eigenen Wirkungskreises der Stadt Frankfurt am Main (Informationsfreiheitssatzung) veröffentlicht.

Laut Satzungstext ist die kommunale Informationsfreiheits-Satzung bereits am 01.05.2012 in Kraft getreten. Ihre Geltung ist auf zwei Jahre befristet.

Da die BewohnerInnen der Stadt Frankfurt jedoch erst Ende Oktober 2012 und faktisch nur durch das Amtsblatt über diese Satzung informiert worden sind, ist die Geltungsdauer der Informationsfreiheits-Satzung damit erstens real auf 18 Monate verkürzt und zweitens die Kenntnis über daraus abgeleitete eventuelle Auskunftsrechte weitgehend eingeschränkt. Dem Verfasser dieses Beitrags wurde die Informationsfreiheitssatzung erst durch gründliche Lektüre des letzten Tätigkeitsberichts des Referats Datenschutz und IT-Sicherheit der Stadtverwaltung Frankfurt bekannt. Dort findet sich auf S. 41 ein Satz, der die Existenz einer Informationsfreiheitssatzung vermuten lies.

Daran, dass die Satzung dem Anspruch der Informationsfreiheit genügt und damit bürgerfreundlich ist, sind nicht nur wegen dieses Verfahrens berechtigte Zweifel erlaubt.

  • Das Antragsrecht ist begrenzt auf EinwohnerInnen der Stadt Frankfurt (§ 3 Abs. 1 der Satzung). Dies widerspricht der Lebenserfahrung im Ballungsraum Rhein-Main. Auch BürgerInnen der Umlandgemeinden sind als PendlerInnen, als NutzerInnen von kulturellen Angeboten der Stadt Frankfurt, als SchülerInnen, StudentInnen, Wohnungssuchende oder in anderer Weise von Entscheidungen und Handlungen städtischer Institutionen betroffen.
  • Der Antrag ist „bei der zuständigen Stelle der Stadt Frankfurt“ zu stellen (§ 3 Abs. 3 der Satzung). Diese Regelung erschwert im Zweifel das Beschaffen einer Information für  interessierte BürgerInnen. Kenntnis der internen Behördenstrukturen ist weder Lehrfach an Schulen noch Teil einer durchschnittlichen Allgemeinbildung.
  • Es fehlt dadurch zudem an einer Kontrollinstanz, ob ein Amt / eine Abteilung der Stadtverwaltung rechtlich zweifelhaft zu Lasten von  auskunftsbegehrenden Bürger/innen entscheidet. Warum kann das Auskunftsbegehren nicht gegenüber einer zentralen Stelle der Stadtverwaltung (z. B. Referat Datenschutz und IT-Sicherheit) geäußert werden? Auch die Schaar-Behörde (der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit – BfDI) ist Kontrollinstanz in Sachen Informationsfreiheit. Alle Menschen dieses Landes können sich an den BfDI wenden, wenn sie der Auffassung sind, dass ihr Recht auf Informationszugang von Institutionen des Bundes nicht hinreichend beachtet wird.
  • Die Stadt Frankfurt kann Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder die Informationen „in sonstiger Weise zur Verfügung stellen“ (§ 4 Abs. 1 der Satzung). Diese Formulierung bleibt hinter der Regelung in § 1 Abs. 1 IFG (Informationsfreiheitsgesetz des Bundes – hier nachlesbar: http://www.gesetze-im-internet.de/ifg/BJNR272200005.html) zurück. Dort wird mit dem Satz „Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen“ ein Rechtsanspruch postuliert, der über eine kann-Regelung hinausgeht.
  • Die „zuständige Stelle der Stadt Frankfurt“ (§ 3 Abs. 3 der Satzung)  kann zudem – ohne dass eine Revisionsinstanz dies überprüfen könnte – eine Auskunft ablehnen, wenn sich AntragstellerInnen „die Informationen in anderer geeigneten Weise beschaffen“ können (§ 4 Abs. 4 der Satzung). Auch dies eine Öffnungsklausel, die es auskunftsunwilligen Amts- und Abteilungsleitungen erlaubt, Anfragen abzuwimmeln.
  • Wird ein Informationsantrag abgelehnt, ist die Verwaltung auch nicht verpflichtet, dies im Einzelnen zu begründen, da dazu in den §§ 4 und 5 der Satzung Regelungen fehlen.
  • Der Auskunftsanspruch der BürgerInnen bezieht sich lediglich auf die Kernverwaltung der Stadt Frankfurt (§ 1 Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 3 der Satzung); nicht aber auf Eigenbetriebe und Stiftungen der Stadt Frankfurt, ebensowenig wie auf kommunale Unternehmen des Privatrechts, die wesentlich für die öffentliche Daseinsfürsorge sind (z. B. kommunale Wohnungsbaugesellschaften, Einrichtungen des kommunalen öffentlichen Nahverkehrs, Gas- und Stromversorgungsunternehmen etc.).
  • Die Angst, auskunftsfordernde BürgerInnen könnten zu viel erfahren, drückt sich beispielhaft darin aus, dass eine Regelung in der Satzung an zwei Stellen wiederholt wird. Erstens: “Amtliche Informationen im Sinne dieser Satzung sind alle Aufzeichnungen, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden, sind davon ausgeschlossen” (§ 2 Abs. 1 und 2 der Satzung). Zweitens: “Der Antrag auf den Zugang zu Informationen ist abzulehnen für Entwürfe zu Entscheidungen sowie dieArbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung, soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg der Entscheidung vereitelt werden könnte. Der Antrag kann abgelehnt werden für Vorentwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen und alsbald vernichtet werden” (§ 8 Abs. 1 und 2 der Satzung)..

Der Satzungstext der kommunalen Frankfurter Informationsfreiheits-Satzung im Wortlaut zum Nachlesen: http://www.frankfurt.de/sixcms/media.php/738/amtsblatt_44.1562827.pdf. Hinter einer Vielzahl von Tagesordnungen diverser Ausschüsse und Ortsbeiräte findet sich die Satzung auf Seite 1180 – 1181 Amtsblatt bzw. S. 22 – 23 des pdf-Dokuments.

Menschen aus Frankfurt, die bereits praktische Erfahrungen mit der kommunalen Informationsfreiheits-Satzung gemacht haben sind aufgefordert, Ihre Erfahrungen weiter zu geben.

Nutzen Sie dazu die Kommentar-Funktion am Ende dieses Beitrags oder senden Sie uns eine E-Mail an die-datenschuetzer-rhein-main[at]arcor[dot]de.

Wichtig zu wissen:

Die Mehrzahl der Bundesländer hat nach dem Musters des IFG (Informationsfreiheitsgesetz des Bundes) eigene Informationsfreiheitsgesetze erlassen; das Land Hessen gehört bislang nicht dazu. Der Stadtstaat Hamburg hat mit dem Hamburger Transparenzgesetz (HmbTG – hier nachlesbar: http://www.luewu.de/gvbl/2012/29.pdf) eine Regelung geschaffen, die Auskunft begehrenden BürgerInnen mehr Rechte einräumt als das IFG.

Die Satzung der Stadt Frankfurt bleibt selbst hinter dem IFG zurück.

Das Bündnis Informationsfreiheit für Bayern hat eine Mustersatzung (Vorschlag für eine kommunale Informationsfreiheitssatzung) ausgearbeitet, die den Bürger/innen deutlich mehr Rechte geben würde als die Informationsfreiheits-Satzung der Stadt Frankfurt. Diese Mustersatzung ist hier nachlesbar: http://informationsfreiheit.org/mustersatzung/.

1 Kommentar

  1. Der Magistrat und die schwarz-grüne Koalition waren leider beratungsresistent. Wir haben sie wiederholt auf die Mängel hingewiesen: http://elf.pt/yitmc

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