Bundesarbeitsgericht (BAG): Heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist zulässig – wenn auch nur in engen Grenzen

Datenschutzrheinmain/ Dezember 4, 2012/ Beschäftigtendatenschutz, Videoüberwachung/ 1Kommentare

Das BAG hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Eine Verkäuferin soll bei zwei Gelegenheiten je eine Schachtel Zigaretten entwendet haben. Festgestellt wurde dies nach Meinung des Unternehmens mit Hilfe einer heimlich installierten Videoüberwachung in der Filiale des Unternehmens. Der Betriebsrat hatte dieser Überwachung zugestimmt, die betroffenen ArbeitnehmerInnen waren nicht informiert.

Nach Bewertung des BAG „stellten die verdeckte Videoüberwachung der Klägerin und die Verwertung der zum Beweis für ihr Verhalten angebotenen Videoaufnahmen vom 6. und 17. Dezember 2008 einen Eingriff in das Recht der Klägerin am eigenen Bild als Ausprägung ihres grundrechtlich gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar.“  Ob der Eingriff gerechtfertigt war, steht dagegen nach Meinung des BAG noch nicht fest. Es hat daher den Fall zur erneuten Entscheidung an das Landesarbeitsgericht verwiesen.

Zur Begründung verweist das BAG u. a. auf folgende Sachverhalte:

„Der Umstand, dass der Betriebsrat der Überwachungsmaßnahme zugestimmt hat, vermag die Feststellung der den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin rechtfertigenden Tatsachen nicht zu ersetzen. Dass die Betriebsparteien die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung des Eingriffs als gegeben ansahen, genügt nicht. Diese müssen vielmehr tatsächlich vorgelegen haben. Die Betriebsparteien haben höherrangiges Recht zu beachten.“ Im weiteren Text der Urteilsbegründung kommt das BAG aber dann zum Ergebnis, dass die verdeckte Videoüberwachung unter bestimmten Umständen und in engen Grenzen zulässig sein könne. Das Urteil des BAG ist hier im Wortlaut nachzulesen:

http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&nr=16157

Prof. Dr. Wolfgang Däubler, Arbeitsrechtler an der Uni Bremen, hat in der Zeitschrift „Computer und Arbeit“ (Heft 11/2012) zu diesem Urteil u. a. wie folgt Stellung genommen: „Die heimliche Videoüberwachung auf  eng begrenzte Ausnahmefälle zu beschränken entspricht der bisherigen Rechtsprechung des BAG. Sollte der geplante Beschäftigtendatenschutz noch effektiv vom Parlament beschlossen werden, würde dieses Erkenntnismittel völlig ausgeschlossen – einige der wenigen Punkte der geplanten Regelung, in denen Arbeitnehmerbelange gestärkt werden. In der Praxis würde dies dazu führen, dass man bei wirklich gravierenden Vorfällen, die sich nicht aufklären lassen, die Polizei alarmieren würde; diese könnte dann mit Zustimmung des zuständigen Richters oder der Staatsanwaltschaft nach § 100h Strafprozessordnung eine verdeckte Überwachung vornehmen. Dies würde voraussichtlich nur bei schwereren Delikten geschehen; das Strafprozessrecht geht bei Eingriffen in die Rechte des Bürgers von strengeren Maßstäben als das Arbeitsrecht aus.“

1 Kommentar

  1. „Sollte der geplante Beschäftigtendatenschutz noch effektiv vom Parlament beschlossen werden, würde dieses Erkenntnismittel völlig ausgeschlossen – einige der wenigen Punkte der geplanten Regelung, in denen Arbeitnehmerbelange gestärkt werden. “
    was ist „effektiv beschließen“? warum sind die andren Punkte im Entwurf nicht benannt, die bisheriges nicht erlaubtes dann legitimieren?

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