Auch in Kassel: Anfrage an den Oberbürgermeister wg. polizeilicher Videoüberwachung bei politischen Versammlungen
Kassel Watch-Log ist ein (video)überwachungskritisches Blog, welches im Jahr 2010 ins Leben gerufen wurde. Vor dem Hintergrund zunehmender Videoüberwachung, auch in Stadt und Landkreis Kassel, sahen die Blog-Betreiber*innen die Notwendigkeit, einen Beitrag zu leisten, um das zunehmende Ausmaß der Videoüberwachungsinfrastruktur zu dokumentieren.
Im März 2020 hat das Oberverwaltungsgericht NRW in zwei Urteilen entschieden, dass stationäre Videoüberwachungskameras der Polizei zum Schutz des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 Grundgesetz) während politischer Versammlungen (Kundgebungen / Demonstrationen) sichtbar für die Versammlungsteilnehmer*innen deaktiviert sein müssen. Die beiden Urteile sind hier und hier in wesentlichen Auszügen bzw. im Wortlaut veröffentlicht.
Nach der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main, die in Sachen Ausbau der polizeilichen Videoüberwachung am Luisenplatz in Darmstadt und an der Hauptwache in Frankfurt aktiv wurde, hat sich auch Kassel Watch-Log des Themas angenommen. Hier ein Auszug aus einer Veröffentlichung vom 29.03.2021: „… fragten wir am 14.03.2021 (noch vor dem desaströsen Querdenkerkarneval) per E-Mail beim gewählten Oberbürgermeister der Stadt Kassel im Rahmen eines Bürgeranliegens nach, ob denn für Kassel – ausgehend von o.g. Urteil und der Einschätzung des HBDI – ein Abdecken der polizeilich betriebenen Überwachungskameras in der Kasseler Innenstadt während Versammlungen angedacht sei, weiter erkundigten wir uns nach seinem Verhältnis zum Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in der Funktion als Oberbürgermeister. Erhalten hat er einen kurzen aber präzise formulierten Fragenkatalog. Antwort erhielten wir nicht wie gewünscht vom Oberbürgermeister, sondern vom Ordnungsdezernenten der Stadt Kassel Herrn Stochla, welcher uns zur Antwort gab: ‚In Kassel wird im öffentlichen Raum ausschließlich durch die Polizei eine offene Videoüberwachung vorgenommen. Dabei werden die rechtlichen Vorgaben eingehalten.‘… Weiter nehmen wir mit Bedauern zur Kenntnis, daß Herr Stochla als Ordnungsdezernent den an Herrn Geselle gesandten Fragenkatalog offenbar nicht gelesen hat, da seine Antwort (welche es perspektivisch unsererseits noch an anderer Stelle zu diskutieren und prüfen gilt) höchstens ansatzweise unsere Fragestellungen tangiert. Herr Geselle und auch Herr Stochla haben bereits im vergangenen Jahr unrühmlich Aufmerksamkeit erregt, als es um das Thema Videoüberwachung in der Kasseler Innenstadt ging…“
Öffentliche Videoüberwachung in Kassel seit Jahren in der Kritik:
Kassel treibt Videoüberwachung trotz ungeklärter Rechtsgrundlage voran (Update, netzpolitik.org, 14.12.17)
https://netzpolitik.org/2017/kassel-treibt-videoueberwachung-trotz-ungeklaerter-rechtsgrundlage-voran/
Kassel plant Ausweitung der Videoüberwachung – obwohl die Kriminalität sinkt (netzpolitik.org, 16.11.17)
https://netzpolitik.org/2017/kassel-plant-ausweitung-der-videoueberwachung-obwohl-die-kriminalitaet-sinkt/
Schriftwechsel mit dem HBDI/ LfD Hessen vom April/ Mai 2016
https://www.ks-watch.de/uploads/BeschilderungHeDaB.pdf