Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP: Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern Ende der verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollen in den Ampel-Koalitionsverhandlungen ein Ende des Gesetzes zur verdachtslosen Vorratsspeicherung von Verbindungs-, Standort- und Internetdaten durchsetzen. Das fordern elf Bürgerrechts- und Berufsverbände – darunter die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main – in einem Offenen Brief vom 27.10.2021 an die Parteivorsitzenden und die Verhandler*innen der drei Parteien zum Thema Justiz und Inneres.
Die „verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung“ sei den Organisationen zufolge die „schädlichste Altlast der Großen Koalition“ und „die am tiefsten in die alltägliche Privatsphäre eingreifende und unpopulärste Massenüberwachungsmaßnahme, die der Staat jemals hervorgebracht hat.“ Eine derart weitreichende „Registrierung des Verhaltens der Menschen in ganz Deutschland“ sei „für viele Bereiche der Gesellschaft höchst schädlich“, so für die Arbeit von Ärzten, Rechtsanwälten, Psychologen, Beratungsstellen und Journalisten. Die verdachtslose Datensammlung begünstige Datenpannen und -missbrauch und sei von Gerichten schon wiederholt als grundrechtswidrig verworfen worden.
„Sowohl die FDP als auch Bündnis 90/Die Grünen verstehen sich als Verteidiger von Freiheit und Bürgerrechten“, erklärt Ute Elisabeth Gabelmann vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung die Initiative. „Nun ist es ihre Aufgabe, den behäbigen Partner SPD in die Spur zu setzen. Die aktuell bestehende bloße ‚Aussetzung der Vollziehung‘ der Vorratsdatenspeicherung ist nicht akzeptabel. Wir fordern von den Koalitionspartnern ein klares Bekenntnis zu Freiheit und unseren Grundrechten und damit das verbindliche Ende jeder verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung. Auch den EU-Plänen zur Wiedereinführung muss Deutschland entschiedenen Widerstand entgegen setzen. Die gesamte Bevölkerung unter Generalverdacht zu stellen ist unerträglich!“
Zum Hintergrund:
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschäftigen sich seit 27.10.2021 mit den Themen Justiz und Inneres befassen. Liberale und Grüne fordern in ihren Wahlprogrammen ein Ende der verdachtslosen Datensammlung. Das 2015 von der „Großen Koalition“ beschlossene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung wurde im Juni 2017 vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen für grundrechtswidrig befunden und einstweilen ausgesetzt (Az. 13 B 238/17). Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs steht aus. Nach dem Gesetz soll verdachtslos von der gesamten Bevölkerung aufgezeichnet werden, wer mit wem und wo per Telefon oder Handy in Verbindung gestanden oder das Internet genutzt hat.
Den Wortlaut des Briefes von
- Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
- Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V.
- Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main
- Deutsche Aidshilfe
- Deutscher Fachjournalisten-Verband AG
- Deutscher Journalisten-Verband e.V.
- Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V.
- Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V.
- Humanistische Union e.V.
- Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V.
- Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ)
können Sie hier nachlesen. Er ging in gleicher Fassung auch an Annalena Baerbock und Robert Habeck, Bundesvorsitzende Bündnis ’90/Die Grünen und Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP.