Stadtverordnetenversammlung Frankfurt beschließt Ausbau der Videoüberwachung in der Innenstadt
Mit den Stimmen der Koalition aus CDU, SPD und Grünen sowie der rechtspopulistischen Fraktion BFF hat die Stadtverordnetenversammlung in Frankfurt am 01.02.2018 dem Magistratsvortrag M 264 vom 22.12.2017 zugestimmt und beschlossen, die Videoüberwachung in der Innenstadt massiv auszubauen. Der Beschluss umfasst u. a. folgende Festlegungen:
- Modernisierung der Videoüberwachungsanlagen an den bereits bestehenden Standorten Konstablerwache, Bahnhofsvorplatz, Kaiserstraße/Moselstraße (Bahnhofsviertel).
- Errichtung einer weiteren Videoüberwachungsanlage im Bahnhofsviertel (Taunusstraße).
- Errichtung einer Videoüberwachungsanlage an der Hauptwache in der Innenstadt. Im Magistratsvortrag wird dazu mitgeteilt: „Gemäß der Gefahreneinschätzung der Sicherheitsbehörden und der jüngsten Erfahrungen mit Terroranschlägen in Großstädten wird zu deren Aufklärung und Abwehr zusätzliche Videotechnik an der Hauptwache installiert. Diese Videoüberwachung wird in ein spezielles Sicherheitskonzept eingebettet, beim Umgang mit den erhobenen Daten werden besondere Sorgfalt und klare Regelungen des Kameraeinsatzes bei Demonstrationen angewendet.“
- Errichtung einer Videoüberwachungsanlage im Allerheiligenviertel (Altstadt), zunächst mit mobilen Videokameras.
- Die Frist zur Speicherung der erhobenen Videodaten beträgt mindestens 10 und maximal 30 Tage.
- Die Rechte und Pflichten zum Betrieb sowie zur Nutzung aller Anlagen werden in Nutzungsvereinbarungen zwischen der Stadt Frankfurt und dem Polizeipräsidium Frankfurt geregelt.
Mit diesem Beschluss hat sich die CDU-Fraktion im Römer (23 Stadtverordnete) gegen ihre Koalitionspartner SPD (22 Stadtverordnete) und Grüne (14 Stadtverordnete) mit ihren Forderungen durchgesetzt. SPD und Grüne sind eingeknickt.
Die Absicht, die Hauptwache dauerhaft durch Polizeikameras überwachen zu lassen, stellt neben den Eingriffen in das individuelle Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auch eine massive Beeinträchtigung der Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit dar. Außer dem allgemeinen Hinweis im Magistratsvortrag, dass “beim Umgang mit den erhobenen Daten… besondere Sorgfalt und klare Regelungen des Kameraeinsatzes bei Demonstrationen angewendet” werden sollen, wird in dem mehrseitigen Beschluss mit keinem Wort erläutert, wie dies konkret aussehen soll.
Missachtet wurde von den drei Parteien ein Beschluss des für die Innenstadt zuständigen Ortsbeirats 1 vom 23.05.2017: „Die Installation von Überwachungskameras an der Hauptwache ist ein nicht hinnehmbarer Angriff auf das Recht, sich an einer zentralen Stätte in Frankfurt gemeinsam unter freiem Himmel für die Durchsetzung demokratischer und sozialer Rechte zu versammeln‘. Der Ortsbeirat 1 lehnt die Videoüberwachung an der Hauptwache ab…“
Der Ortsbeirat 1 bekräftigte seine Position in der Sitzung vom 23.01.2018. Er lehnte auf Antrag der Fraktion Die Linke den Magistratsvortrag zum Ausbau der Videoüberwachung mehrheitlich (gegen die Stimmen von CDU und SPD) ab und forderte zudem den Magistrat auf, „auf eine Modernisierung der Videoüberwachungsanlage an der Konstablerwache zu verzichten und stattdessen die Anlage zu demontieren. „ Der Beschluss wurde begründet mit den Feststellungen: „Die Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen ist ein umstrittenes Thema. Der Magistrat hat sich jüngst dazu entschlossen, weitere Videokameras am Hauptbahnhof und an der Konstablerwache zu installieren. Die Anlage an der Konstablerwache soll zudem modernisiert werden. Doch bisher haben weder der Magistrat noch der Polizeipräsident eindeutig belegen können, dass die bestehende Videoüberwachungsanlage signifikant dazu beigetragen hat, Straftaten zu verhindern oder solche aufzuklären. Laut der Frankfurter Polizei hat sich die Kriminalität an der Konstablerwache deutlich verringert beziehungsweise verlagert. Gleichzeitig taugt laut Polizei die Bildqualität der im Jahr 2001 installierten Anlage schon lange nicht mehr zur Identifizierung von Kriminellen. Diese widersprüchlichen Aussagen machen deutlich, dass die Anlage keinen Beitrag zur Kriminalitätsbekämpfung an diesem Ort leistet, aber sie stellt einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und informationelle Selbstbestimmung unbescholtener Menschen dar. Deswegen gehört sie dort abmontiert und nicht modernisiert.“