Frankfurt: Polizeiliche Videoüberwachungskameras an der Hauptwache gehen in Betrieb

CCTV-NeinDanke/ August 19, 2021/ alle Beiträge, Polizei und Geheimdienste (BRD), Videoüberwachung, Videoüberwachung in der Region/ 2Kommentare

Unmittelbar vor der Kommunalwahl im März 2021 begann der Aufbau der von der früheren Römer-Koalition aus CDU, SPD und Grünen beschlossenen Videoüberwachungsanlage an der Hauptwache. Am 13.03.2021 teilte die Frankfurter Rundschau mit: „Die Begeisterung für die neuen Kameras kann Ordnungsdezernent Markus Frank (CDU) nicht verhehlen: ‚4-k-Qualität, das ist wie, als würden Sie zu Hause sitzen und Fußball schauen.‘ Die am Freitag vorgestellten Kameras zur Überwachung der Hauptwache seien in der Tat das Modernste, was es derzeit weltweit auf dem Markt gebe, bestätigt ein Mitarbeiter der beauftragten Firma. Eine der hochmodernen Kameras sei so leistungsfähig wie 40 herkömmliche. Von fünf Standorten rund um das Café Hauptwache soll der zentrale Verkehrsknotenpunkt künftig rund um die Uhr überwacht werden.

Jetzt – zu Beginn des Bundestagswahlkampfs – sollen die Kameras in Betrieb genommen werden, meldet die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 17.08.2021. Und aus der neuen Römer-Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt herrscht dazu offensichtlich Schweigen. Lediglich der sicherheitspolitische Sprecher der FDP, der Stadtverordnete Dr. Uwe Schulz, wird von der FAZ mit einer berechtigt kritischen Aussage zitiert: „…die Anlage an der Hauptwache sei geprägt von einer ‚trügerischen Sicherheit‘. Er warne ‚vor zu hohen Erwartungen‘, was die öffentliche Sicherheit betrifft. Videoüberwachung sei zwar Teil der Sicherheitsarchitektur, dürfe aber in ihrer Auswirkung nicht überschätzt werden. Oft führe diese lediglich zu Verdrängungseffekten, ‚sodass sich die Frage der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung stellt‘. Die Kameraanlage an der Hauptwache sehe er vor allem auch aus Kostengründen kritisch.“

Traurig festzustellen, dass sich die Grüne Fraktion, die zu Zeiten der früheren Römer-Koalition als Juniorpartner anfänglich noch überwachungskritische Positionen bezog, jetzt als größte Fraktion im Römer zur Videoüberwachung eines auch für politische Versammlungen häufig und gern genutzten Platzes in Frankfurt schweigt.

Die Entwicklung der Kriminalität in Frankfurt spricht nicht dafür, dass der Ausbau der Videoüberwachung notwendig ist. Am 11.03.2021 stellte das Polizeipräsidium Frankfurt in einer Pressekonferenz die Polizeiliche Kriminalstatistik Frankfurt am Main 2020 vor. Danach ging die Fallzahl zwischen 2016 (114.819 Fälle) und 2020 (102.421 Fälle) um 10,1 % zurück.

Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik 2020 (S. 2)

Auch im Vergleich der letzten 20 Jahre wurden lediglich in 2001 und 2002 niedrigere Fallzahlen registriert (97.089 bzw. 99.864), damals allerdings bei einer deutlich niedrigeren Zahl von Einwohner*innen (31.12.2000 = 646.550 / 31.12.2019 = 761.561)

Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik 2020 (S. 4)

Und dass Videoüberwachung Straftaten nicht verhindern, sondern lediglich dokumentieren kann, machte zuletzt eine Veröffentlichung des Polizeipräsidiums Frankfurt vom 18.06.2021 deutlich. Mitgeteilt wird: Bereits im vergangenen Jahr kam es… zu einem Raub an der Hauptwache, bei dem ein 27-Jähriger von bislang unbekannten Männern attackiert und verletzt wurde… Die Frankfurter Kriminalpolizei bittet die Öffentlichkeit zur Aufklärung der Straftat um Mithilfe… Von den Tätern ist lediglich bekannt, dass es sich um drei Männer gehandelt hat. Bilder, die einen möglichen Täter sowie zwei Zeugen zeigen, können unter dem nachfolgenden Link abgerufen werden…“

2 Kommentare

  1. Auch die Fraktion der FDP im Stadtparlament von Frankfurt sieht die Videoüberwachung kritisch nach einer Pressemeldung der Frankfurter Rundschau vom 14./15.8.2021 (Seite F6). Angesichts der Tatsache, dass Videoüberwachung eher zu Verdrängung in nicht-überwachte Bereiche führt als zu einer Verhinderung von Straftaten, stellt sich die Frage der Verhälnismäßigkeit der Überwachung zahlreicher unbeteiligter Bürger*innen. Auch die Versammlungsfreiheit sieht die FDP bedroht, weil die Hauptwache ein bevorzugter Ort für Kundgebungen ist.
    R. Schäfer

  2. Antwort auf Schäfer 25.08.2021 am 09:16

    Das Ziel ist meiner Meinung nach nicht die gezielte Überwachung oder die Verlagerung, sondern die stückweise Annäherung an eine flächendeckende Totalüberwachung. Es werden ja schließlich nicht weniger Kameras, sonder immer mehr und die einmal installierten Geräte werden meist nie wieder abmontiert. Es ist also eine ‚für immer‘ Klausel.

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