Das Hamburgische Transparenzgesetz und seine praktischen Folgen – leider kein Vorbild für die hessische Landesregierung und die Fraktionen von CDU und Grünen im Landtag
Das Hamburgische Transparenzgesetz wurde am 12.06.2012 einstimmig von der Hamburgischen Bürgerschaft beschlossen, d. h. auch mit den Stimmen von CDU und Grünen. Es trat am 06.10.2012 in Kraft.
Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat auf dieser Grundlage im Dezember 2017 seinen „Tätigkeitsbericht Informationsfreiheit 2016 / 2017„ vorgelegt. Ein interessantes Dokument auch für alle hessischen BürgerInnen, die daran interessiert sind, dass die hessische Landesverwaltung, aber auch die Verwaltungen der Städte, Gemeinden und Landkreise nicht mehr länger als „black box“ intransparent und ohne Verpflichtung zur Auskunftserteilung agieren.
Der Bericht enthält eine Vielzahl interessanter Fakten. Zwei allgemeine Feststellungen seien hier zitiert:
- Das auf der Grundlage des Hamburgischen Transparenzgesetzes 2014 geschaffene Transparenzportal enthält „über 70.000 Informationen. Die Zahl der Zugriffe auf das Transparenzportal aus der Verwaltung liegt bei rund 30.000 monatlich. Die Zahl der Fremdzugriffe schwankt ganz erheblich, zwischen einer Million und 200.000 monatlichen Seitenzugriffen… sind über 90% aller Dateien im Transparenzportal entweder im pdf-Format oder html-Format verfügbar. Über 60% der Portalnutzer sind nach eigenen Angaben Privatpersonen mit persönlichem Interesse. Soziodemografische Eigenschaften (Alter, Geschlecht, Bildung) haben keinen Einfluss auf die Nutzung des Portals. Nur ein Viertel der Portalnutzer glaubt, dass das Portal keine Verbesserung der hamburgischen Verwaltungskultur zur Folge hat… Zwei Drittel der Portalnutzer sehen ihr Vertrauen in die Politik gestärkt.“ (S. 7 des Transparenzberichts)
- „Seit Inkrafttreten des Hamburgischen Transparenzgesetzes wurden über 4.200 Anträge auf Informationszugang gestellt. Davon über 1200 von Privatpersonen, über 400 von Rechtsanwälten/Kanzleien, 150 von Unternehmen und 100 anonym… Bei rund 3200 Anträgen wurde der Informationszugang vollständig gewährt… Die häufigste Motivation für Antragsteller war das persönliche Interesse an einem konkreten Vorgang… Knapp die Hälfte aller Anträge war in einem Zeitraum von unter zwei Stunden bearbeitet.“ (S. 9 des Transparenzberichts)
Und in Hessen?
Die Fraktionen von CDU und Grünen im Hessischen Landtag haben am 05.12.2017 den Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Hessischen Datenschutzgesetzes (HDSG) an die ab 28.05.2018 geltende EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und zur erstmaligen Errichtung eines Hessischen Informationsfreiheitsgesetzes vorgelegt. Der Gesetzentwurf (Landtagsdrucksache 19/5728) unterscheidet sich nachteilig vom Hamburgischen Transparenzgesetz. Dieses steht nach Bewertung der bundesweit aktiven Bürgerinitiative Mehr Demokratie e.V. an der Spitze aller in Deutschland geltenden Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze, so das im März 2017 veröffentlichte Transparenz-Ranking. Hessen wird mit dem Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes weiter die „rote Laterne“ haben, sollte dieser Entwurf zum Gesetz werden.
Auch weiterhin kein Informationsfreiheitsanspruch gegenüber Kommunen und Landkreisen in Hessen!
So fällt z. B. schon bei erster Betrachtung des Gesetzentwurfs auf, dass das Hessische Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz die Regelung enthalten soll, wonach gegenüber den „Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen der Gemeinden und Landkreise sowie deren Vereinigungen ungeachtet ihrer Rechtsform“ nur dann Auskunftsansprüche bestehen sollen, wenn diese je einzeln für sich „durch Satzung ausdrücklich bestimmt“ die Regelungen des künftigen Hessischen Informationsfreiheitsgesetzes verändert oder unverändert übernehmen (§ 81, Abs. 1 Ziff. 6 des Entwurfs für ein Hessisches Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz – S. 54 der Landtagsdrucksache 19/5728).
Die Begründung für diese Ausnahmeregelung findet sich auf S. 150 der Landtagsdrucksache 19/5728: Unter Bezug auf Erfahrungen aus anderen Bundesländern, wonach sich die Mehrheit der Anfragen nicht auf Landes- sondern auf kommunale Behörden und Einrichtungen bezieht, sollen diese kommunalen Stellen nur dann angefragt werden dürfen, wenn diese zuvor in eigener Selbstständigkeit entsprechende Regelungen erlassen.
Das bedeutet dann z. B. auch, dass interessierten BürgerInnen den Zugang zu amtlichen Informationen der 16 kommunalen Jobcenter in Hessen (Landkreis Bergstraße, Landkreis Darmstadt-Dieburg, Landkreis Fulda, Landkreis Groß-Gerau, Landkreis Hersfeld-Rotenburg, Hochtaunuskreis, Lahn-Dill-Kreis, Main-Kinzig-Kreis, Main-Taunus-Kreis, Landkreis Marburg-Biedenkopf, Odenwaldkreis, Stadt Offenbach, Landkreis Offenbach, Rheingau-Taunus-Kreis, Vogelsbergkreis und Landeshauptstadt Wiesbaden weitgehend verschlossen bleiben wird. Dass dies im Einzelfall zu massiver Behördenwillkür führen kann, macht die MainArbeit, das kommunale Jobcenter der Stadt Offenbach, immer wieder deutlich.