Arbeitsgericht Heilbronn: Auch wenn betriebliche Datenschutzbeauftragte ihre Pflichten verletzten, rechtfertigt dies keine außerordentliche Kündigung des Arbeitsvertrags

Datenschutzrheinmain/ November 29, 2022/ alle Beiträge, Beschäftigtendatenschutz/ 0Kommentare

Verletzt ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter die ihm obliegenden Pflichten in schwerwiegender Weise, rechtfertigt dies die sofortige Abberufung als Datenschutzbeauftragter. Eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist hingegen nicht möglich, so das Arbeitsgericht Heilbronn in einem Urteil vom 29.09.2022 (Aktenzeichen: 8 Ca 135/22).

Der Kläger war bei den Unternehmen als Syndikusanwalt und Leiter der Rechtsabteilung angestellt und wurde zudem 2018 als betrieblicher Datenschutzbeauftragter bestellt. Das Unternehmen kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und trug zur Begründung vor, dass der Beschäftigte jahrelang seine Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter vernachlässigt habe. Ein aktuelles Wirtschaftsprüfer-Gutachten habe massivste Datenschutzmängeln festgestellt; u. a. kein dokumentiertes Datenschutzmanagementsystem, keine Datenschutz-Richtlinie, zudem würden Datenschutz-Audits nicht durchgeführt.

Die ihm vorgeworfene Arbeitsverweigerung bestritt der Kläger. Er erklärte u.a., dass die Verantwortung für die Umsetzung von Datenschutz sichernden Maßnahmen nicht bei ihm liege, sondern beim Vorstand des Unternehmens.

Das Arbeitsgericht erklärte die außerordentliche Kündigung des Arbeitsvertrages für unwirksam. Sie sei ausschließlich mit Pflichtverletzungen als Datenschutzbeauftragter begründet worden. Dadurch würde aber der Arbeitsvertrag nicht berührt. Es sei allenfalls möglich, den Arbeitnehmer als Datenschutzbeauftragten außerordentlich abzuberufen.

Das Kündigungsschutzverfahren wurde für das Unternehmen zur Klatsche

Der Beschäftigte wies darauf hin, dass er als Datenschutzbeauftragter eine Beratungs- und Kontrollfunktion habe. Es sei nicht seine Aufgabe als Datenschutzbeauftragter, die datenschutzrechtlichen Vorgaben strukturell umzusetzen. Dieser Sichtweise schloss sich auch das Arbeitsgericht an. Das Arbeitsgericht zog in Zweifel, ob der Datenschutzbeauftragte überhaupt seine Amtsführung verletzt habe. Das Gericht las die vorgelegten Unterlagen so, dass über die Verantwortlichkeit der datenschutzrechtlichen Mängel keine Aussage getroffen wurde. In der Folge kam das Gericht zum Ergebnis, dass der Arbeitgeber als Verantwortlicher nach Art. 4 Nr. 7 DSGVO organisatorisch zur Umsetzung von Maßnahmen zur Herstellung eines angemessenen Datenschutzniveaus verpflichtet ist, nicht der Datenschutzbeauftragte. In der Urteilsbegründung führt das Arbeitsgericht Heilbronn dazu aus:

Bei den Pflichten des Datenschutzbeauftragten handelt es sich nicht um weisungsgebundene, sondern um gesetzliche Aufgaben, bei denen der Amtsträger Weisungen nicht unterworfen ist, Art. 38 Abs. 3 DS-GVO. Ihm obliegen nach Art. 39 DS-GVO vorwiegend Unterrichtungs-, Beratungs- und Überwachungsaufgaben. Verantwortlich für die Umsetzung der Vorgaben der DS-GVO und des diese konkretisierenden und ergänzenden BDSG ist nach Art. 4 Nr. 7 DS-GVO demgegenüber ‚die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet‘, vorliegend also die Beklagte. Die beklagtenseits vorgetragenen datenschutzrechtlichen Probleme… zeigen indessen nur bestimmte Mängel als Ergebnis einer nicht vollständigen Umsetzung datenschutzrechtlicher Vorschriften auf, z.B. ein fehlendes Datenschutzmanagementsystem… ist aus Sicht der Kammer die Beklagte als verantwortliche Stelle im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DS-GVO organisatorisch zur Umsetzung verpflichtet, sei es dadurch, dass externe Hilfe in Anspruch genommen wird oder im Wege der Anweisung zur Umsetzung an die eigenen Mitarbeiter. Dies schließt es aus, sich als Arbeitgeberin darauf zu berufen, der Datenschutzbeauftragte sei verantwortlich für die Herstellung eines ordnungsgemäßen Datenschutzniveaus…“ (Urteilbegründung Rn. 31).

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