Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main fordert vom Jobcenter MainArbeit Offenbach: Schluss mit den Kopien von Personalausweisen und Pässen
Das kommunale Jobcenter MainArbeit Offenbach ist seit Jahren bekannt und berüchtigt dafür, dass es rechtswidrig Kopien von Personalausweisen und Pässen anfertigt und zu den Akten nimmt. Nachdem diese Praxis offiziell beendet wurde, legt die MainArbeit den Antragsteller*innen auf SGB-II-Leistungen rechtlich zweifelhafte Einwilligungserklärungen vor.
Mit Urteil vom 30.04.2019 (Aktenzeichen: L 26 AS 2621/17) hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass eine Klägerin einen Anspruch auf Löschung der gespeicherten Kopien des Personalausweises aus der elektronischen Akte des Jobcenters hat. Aus der Papierakte hatte das beklagte Jobcenter die entsprechenden Unterlagen schon im vorgerichtlichen Verfahren entfernt.
Dieses Urteil war für die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main Anlass, sich mit Schreiben vom 23.05.2019 erneut an den Geschäftsführer der MainArbeit, Herrn Dr. Schulze-Boeing, zu wenden. Unter Bezug auf das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg wird von der MainArbeit gefordert, umgehend
- die bisherigen Praxis der MainArbeit im Bezug auf Personalausweise, Pässe, elektronische Gesundheitskarten, Kontokarten und andere personenbezogene Dokumente zu beenden,
- alle einschlägigen Kopien aus den Akten der MainArbeit zu entfernen und diese datenschutzkonform zu vernichten sowie
- darauf zu verzichten, den Antragsteller*innen auf Leistungen nach SGB II rechtlich zweifelhafte Einwilligungserklärungen vorzulegen wie z. B.
- im „Zusatzblatt zum Erstantrag Arbeitslosengeld II / Sozialgeld“ oder
- in der „Einwilligungserklärung zur Datenübermittlung an den Vermieter“.
Diese vorgeblich „freiwilligen“ Einwilligungen widersprechen eindeutig dem Erwägungsgrund 43 der DSGVO. Dort wird unmissverständlich festgestellt: „Um sicherzustellen, dass die Einwilligung freiwillig erfolgt ist, sollte diese in besonderen Fällen, wenn zwischen der betroffenen Person und dem Verantwortlichen ein klares Ungleichgewicht besteht, insbesondere wenn es sich bei dem Verantwortlichen um eine Behörde handelt, und es deshalb in Anbetracht aller Umstände in dem speziellen Fall unwahrscheinlich ist, dass die Einwilligung freiwillig gegeben wurde, keine gültige Rechtsgrundlage liefern.“
Abschließend wird in dem Brief an Dr. Schulze Boeing erklärt: „Wir fordern Sie zudem auf, in angemessener Frist zu den von uns gestellten Forderungen schriftlich Stellung zu nehmen. Gerne sind wir auch zu einem persönlichen Gespräch mit Ihnen zu dieser Thematik bereit. Eine Beschwerde in dieser Sache beim Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit behalten wir uns vor.“