Wittenberg: Rennt ein nackter Mann durch die Stadt, dann denkt die Stadtverwaltung gleich an Videoüberwachung

Datenschutzrheinmain/ November 10, 2016/ alle Beiträge, Videoüberwachung/ 0Kommentare

Aberwitzige Begründungen, warum eine Mülltonne, ein Einkaufszentrum, ein öffentlicher Platz, eine Kirchenmauer, eine Zahnarztpraxis, eine Apotheke, ein Polizeipräsidium oder ein Hallenbad videoüberwacht werden sollen, gibt es nahezu so viele wie es Kameras gibt.

Pünktlich vor Beginn der närrischen Saison am 11.11.2016 um 11:11 Uhr hat sich die Stadtverwaltung der Lutherstadt Wittenberg jetzt die Videoüberwachungs-Narrenkappe der Faschingskampagne 2016 verdient! Warum?

Da hat sich der dänische Performancekünstler Max Uwe Jensen lt. Bericht der Märkischen Zeitung vom 09.11.2016 am 06.11.2016 „in einem ‚Happening‘ nackt hinter der Absperrung vor der Thesentür aufgestellt und seinen Penis an die Replik der Tür geklebt, an die Luther vor 499 Jahren angeblich seine 95 Thesen genagelt haben soll. Dabei zitierte er laut, aber in gebrochenem Deutsch den Reformator mit den Worten: „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Martin Luther was a rebel'“. Anschließend rannte der Künstler – nackt wie Gott ihn schuf – über den benachbarten Schlossplatz von Wittenberg.

Über den künstlerischen Wert der Aktion von Herrn Jensen kann man geteilter Meinung sein. Aber was fällt der Stadtverwaltung Wittenberg dazu ein? Na was wohl: Videoüberwachung! Weil ja im Lutherjahr 2017 täglich ein oder mehrere nackte Menschen über den Schlossplatz von Wittenberg rennen werden. Und das eine existentielle Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelltt.

Die Märkische Zeitung berichtet: Unterdessen denkt man im Wittenberger Rathaus auch laut über eine Videoüberwachung des Schlossplatzes nach. ‚Das wird ein Thema in unserer nächsten Sicherheits-Arbeitsgruppensitzung sein. Wir überlegen, ob das sinnvoll ist‘, erklärt Stadtsprecherin Karina Austermann auf MZ-Nachfrage. ‚Wir sprechen dazu mit der Polizei. Natürlich wissen wir, dass man damit keine Straftaten verhindert. Aber vielleicht ist die Aufklärung dann einfacher.'“ Früher wurde die Gegend rund um Dresden als Tal der Ahnungslosen beschrieben. Dieses Tal der Ahnungslosen scheint aber größer zu sein und bis Wittenberg zu reichen.

Aus Anlass der bevorstehenden Eröffnung der närrischen Saison 2017 grüßen die Mitglieder der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main den Oberbürgermeister der Luther-Stadt Wittenberg mit einem dreifach donnernden Helau-au-au-au-au! und verleihen ihm die goldene Videoüberwachungs-Narrenkappe.

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