Überwachungskameras in Frankfurt: Offener Brief an den Frankfurter Polizeipräsidenten Dr. Achim Thiel

Datenschutzrheinmain/ Mai 22, 2013/ alle Beiträge, Videoüberwachung, Vorratsdatenspeicherung/ 2Kommentare

Ein Mitglied der Bürgerrechtsgruppe die Datenschützer Rhein-Main hat in einem offenen Brief an den Frankfurter Polizeipräsidenten Dr. Achim Thiel Auskünfte zu den in Frankfurt von der Polizei betriebenen Überwachungskameras erbeten.

Zu seinen Motiven schreibt der Frankfurter: „Ich nutze die Straße „Am Bornheimer Hang“ entlang von FSV-Stadion, Eissporthalle, Festplatz und Ostpark regelmäßig als Fuß- und Fahrradweg. Dabei fallen mir immer wieder eine Vielzahl von Videokameras auf, deren Betreiber und deren Notwendigkeit bzw. rechtmäßige Installation mir nicht bekannt sind bzw. einleuchtend erscheinen… Die Vielzahl von Überwachungskameras auf einer Länge von weniger als einem Kilometer – bei denen zudem die Kennzeichnung gem. § 6b Abs. 2 BDSG bzw. § 14 Abs. 3 HSOG  nicht bzw. unvollständig vorhanden ist – erscheint mir unverhältnismäßig  und tw. rechtwidrig zu sein. Die mangelnde bzw. unvollständige Kennzeichnung der Anlagen – eine Kennzeichnung, die im Übrigen so rechtzeitig vor dem Betreten der videoüberwachten Zone erkennbar sein muss, dass dem oder der Betroffenen die Möglichkeit gegeben wird dem überwachten Bereich auszuweichen – ist nach meinem (zugegeben laienhaften) Rechtsverständnis ein direkter Verstoß gegen geltendes Recht. Insoweit bringe ich diesen Tatbestand hiermit auch zur Anzeige.“

 Zu 19 detaillierten Fragen bittet der Bürger die Frankfurter Polizeiführung um Antworten:

  1. Wie viele festinstallierte Anlagen zur Videoüberwachung öffentlichen oder halböffentlichen Raums betreibt Ihre Behörde in Frankfurt?
  2. Wo befinden sich diese Kameras im Einzelnen oder wo finde ich eine Übersicht über die einzelnen Standorte?
  3. Welche dieser Anlagen zeichnet die Bilder auf? Und wie lange ist die Speicherdauer bei den einzelnen Anlagen?
  4. In welcher Qualität liefern diese Kameras Bilder? Welche Auflösung und welche Zoomfaktoren bzw. Brennweiten besitzen die Anlagen?
  5. Warum sind viele der Videoüberwachungsanlagen in Frankfurt nicht gekennzeichnet, wie es BDSG und HSOG verlangen?
  6. Findet die in § 14 Abs. 3 HSOG festgelegte höchstens zweijährige Überprüfung der Rechtsgrundlagen der einzelnen Kameras statt? Und wo lassen sich diese Unterlagen einsehen?
  7. Mit welcher Begründung werden die einzelnen von Ihnen betriebenen Videoüberwachungsanlagen betrieben?
  8. Sofern es sich dabei um „öffentliche Straßen und Plätze, auf denen wiederholt Straftaten begangen worden sind“ bzw. um „besonders gefährdete öffentliche Einrichtungen“ (§ 14 Abs. 4 HSOG) geht: An Hand welcher Tatsachen haben Sie die entsprechende Notwendigkeit festgestellt?
  9. Wo lassen sich die jeweiligen Begründungen zum Einsatz der einzelnen Kameras nachlesen?
  10. Auf wie viele festinstallierte Anlagen zur Videoüberwachung öffentlichen oder halböffentlichen Raums anderer Betreiber (z. B. Verkehrsbetriebe, Banken, Sportanlagen von Vereinen, Bahnhöfe etc.) hat Ihre Behörde gem. § 15 HDSG einen Zugriff? Zählen dazu auch die Überwachungskameras im Bereich FSV-Stadion / Eissporthalle / Festplatz?
  11. Ist bei der Überwachung öffentlicher Straßenverkehrsräume durch von Ihrer Behörde betriebene Überwachungskameras die Lesbarkeit von KFZ-Kennzeichen technisch möglich?
  12. Betreiben Sie das halb- oder vollautomatisierte Lesen von KFZ-Kennzeichen und wenn ja: in welchem Umfang und auf welcher Rechtsgrundlage?
  13. In welcher Form erfolgt eine Überwachung bzw. Kontrolle der Bilder der Überwachungskameras, bei denen die Polizei in Frankfurt „verantwortliche Stelle“ i. S. s. § 14 Abs. 3 HSOG ist?
  14. Auf wie viele Bildschirme werden die Bilder beispielsweise übertragen und wie viele PolizistInnen sind dafür abgestellt, diese zu überwachen?
  15. Auf welche Art und Weise führen Sie Statistiken durch, um die Verhältnismäßigkeit der Anlagen zu überprüfen? Wo sind diese Statistiken einsehbar?
  16. Wie viele Straftaten konnten mittels Ihrer Kameras im Frankfurter Stadtgebiet in den vergangenen drei Jahren jeweils aufgeklärt werden? Gibt es weitere Zahlen, Details oder Aufschlüsselungen hierzu?
  17. Wie hat sich die Anzahl der von Ihnen betriebenen Videoüberwachungsanlagen in Frankfurt in den letzten 10 Jahren verändert?
  18. Wie hoch sind die jährlichen Betriebskosten all ihrer Videoüberwachungsanlagen in Frankfurt?
  19. Gibt es Pläne oder Überlegungen, die polizeiliche Videoüberwachung in Frankfurt aus- oder zurückzubauen?

Das Schreiben des Frankfurter Bürgers an Polizeipräsident Dr. Achim Thiel ist hier im Wortlaut in anonymisierter Form nachlesbar: B-2013.05.21-an-Polizeipräsidium Frankfurt Videoueberwachung in Ffm – anon.

Ausgelöst wurde die Anfrage des Frankfurters auch dadurch, dass am 21.05.2013 in der FAZ ein Artikel (http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/videoueberwachung-belebte-plaetze-im-auge-behalten-12188870.html) erschien, in dem in der Tendenz der Politik des Hess. Innenministers B. Rhein („Videoaufnahmen sind nicht nur bei Terrorakten ein gutes Mittel“) weitgehend kritiklos zugestimmt wurde.

Bei seiner Anfrage konnte sich der Frankfurter auf eine ähnliche Anfrage eines norddeutschen Datenschützers an die Polizei in Hamburg stützen (http://www.devianzen.de/2013/05/16/hamburg-rechtswidrige-polizeiliche-videouberwachung/).

2 Kommentare

  1. Gerade habe ich im Netz nach einem Überblick über die in Frankfurt installierten Videokameras gesucht. Dabei bin ich auf diese Seite gestoßen. Diesem Brief schließe ich mich vollinhaltlich an. Gibt es denn schon eine Reaktion?

  2. Pingback: Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen | ELF Piraten Fraktion

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