Österreich: Wichtiger Teilerfolg gegen die Chatkontroll-Pläne der EU-Kommission

Datenschutzrheinmain/ November 14, 2022/ alle Beiträge, Chatkontrolle, EU-Datenschutz, Telekommunikations-Überwachung/ 1Kommentare

Datenschützer*innen und Netzpolitiker*innen in Österreich feiern einen Teilerfolg für die private Kommunikation in Europa! Warum?

Österreich hat sich am 03.11.2022 mit einer Entscheidung des Ständigen Unterausschusses des nationalen Parlaments in Angelegenheiten der Europäischen Union als erstes EU-Mitgliedsland einstimmig mit allen Parteien gegen den betreffenden Gesetzesvorschlag der EU-Kommission positioniert. Die österreichische NGO epicenter.works (früher: AK Vorrat Österreich) stellt dazu in einer Erklärung vom 04.11.2022 fest:

Damit ist klar: die Bundesregierung darf dem umstrittenen Vorschlag zum Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch nicht zustimmen, solange er nicht grundrechtskonform ist.

Ein starkes Zeichen für Grundrechte
Die Parteien im EU-Unterausschuss des österreichischen Parlaments… erkennen die Dringlichkeit des Schutzes von Kindern an. Gleichzeitig setzten sie aber mit ihrem Beschluss ein starkes Zeichen für die Wahrung der Grundrechte aller Bürger:innen. Denn auch Maßnahmen zu sensiblen Themen wie dem Kinderschutz müssen verhältnismäßig und grundrechtskonform sein.

Vertrauliche Kommunikation
Dieser Forderung verleihen v.a. Grüne, ÖVP, SPÖ und NEOS umso mehr Nachdruck, weil der aktuelle Entwurf der EU-Kommission in das Recht auf Datenschutz, das Recht auf Privat- und Familienleben, sowie die Vertraulichkeit der Kommunikation eingreift. V.a. dürfen Online-Plattformbetreiber wie WhatsApp, soziale Medien oder Emailprovider nicht zur allgemeinen Überwachung der Inhalte ihrer Nutzer:innen verpflichtet werden und es muss weiterhin für alle möglich sein, vertraulich zu kommunizieren.

Warum ist das wichtig?
Die umfassenden Überwachungsmaßnahmen, auf die der aktuelle Verordnungsvorschlag hinausläuft, würden eine in Europa noch nie dagewesene Verletzung von Privatsphäre und Unterwanderung der vertraulichen Kommunikation darstellen. Damit ist auch die freie Meinungsäußerung und in weiterer Folge der gesamte demokratische Diskurs gefährdet. Außerdem schießen die Überwachungsmaßnahmen nicht nur weit über ihr Ziel hinaus, sondern sind zudem ineffektiv…

Eine Steilvorlage für Europa
Der Beschluss verpflichtet die österreichische Bundesregierung, sich für eine Ausgestaltung des Vorschlags zum Kinderschutz einzusetzen, der die Grundrechte respektiert. Außerdem darf eine Zustimmung zur Verordnung nur erfolgen, wenn diese die Grundrechte auch wahrt. Diese bindende Funktion und das hohe Maß an Einigkeit unter den Parteien machen die Abstimmung zu einer Steilvorlage, der sich hoffentlich viele weitere (EU-) Staaten anschließen werden.“

Bleibt zu hoffen und zu fordern, dass auch die Bundesregierung und eine Mehrheit des Bundestags dem Beispiel aus Wien Folge leisten und erklären: Chatkontrolle – Nein Danke! 

1 Kommentar

  1. Bundesregierung: Innenministerium setzt sich bei Chatkontrolle durch

    Die Bundesregierung lehnt Maßnahmen zum Scannen privater Kommunikation auf EU-Ebene nicht ab, obwohl das im Koalitionsvertrag steht. Das geht aus der gemeinsamen Position der Regierung zur geplanten EU-Verordnung hervor, die wir veröffentlichen. Der CCC kritisiert den Bruch des Koalitionsvertrags.
    17.04.2023 um 13:49 Uhr – Andre Meister
    https://netzpolitik.org/2023/bundesregierung-innenministerium-setzt-sich-bei-chatkontrolle-durch/

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