Ist das noch Sozialdatenschutz? Öffentliche Zustellung von Schriftstücken auf den Homepages der Bundesagentur für Arbeit und von vielen Jobcentern

Sozial-Datenschutz/ März 8, 2021/ alle Beiträge, Sozialdatenschutz/ 0Kommentare

Die öffentliche Zustellung behördlicher Schriftstücke ist im Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) sowie in sich auf das VwZG beziehenden Landesgesetzen geregelt. § 10 VwZG lässt zu, dass die öffentliche Zustellung erfolgen kanndurch Bekanntmachung einer Benachrichtigung an der Stelle, die von der Behörde hierfür allgemein bestimmt ist, oder durch Veröffentlichung einer Benachrichtigung im Bundesanzeiger.“

  • Letzeres (Veröffentlichung im Bundesanzeiger) ist zweifelsfrei nicht der Fall, wenn eine öffentliche Zustellung über die Homepage eines Jobcenters oder der Bundesagentur für Arbeit (BA) erfolgt.
  • Und ob BA oder Jobcenter das WorldWideWeb als die Stelle wählen dürfen „die von der Behörde hierfür allgemein bestimmt ist“ darf bezweifelt werden.

Denn mit diesem Verfahren werden sensible personenbezogene Daten ohne Einwilligung der Betroffenen und ohne gesetzliche Grundlage veröffentlicht, und das auch noch außerhalb des Geltungsbereichs der DSGVO. Dies sind

  • Vor- und Familienname,
  • letzte bekannte Anschrift und
  • die faktische Mitteilung, dass in der Vergangenheit Leistungen nach SGB II – „Hartz IV“ – bezogen wurden;
  • in manchen Fällen aber auch noch Geburtsdatum und Geburtsort.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat in einer Weisung vom 23.12.2020 diese Verwaltungspraxis für ihre nachgeordneten Dienststellen (dazu zählen auch Jobcenter in gemeinsamer Trägerschaft von BA und kommunalen Trägern) formal legalisiert. Ob vor Erlass dieser Weisung die behördliche Datenschutzbeauftragte der BA oder der für die BA zuständige Bundesdatenschutzbeauftragte dazu angefragt wurde, geht aus der Weisung nicht hervor.

Das Jobcenter Rhein-Berg (Bergisch Gladbach, NRW) führt dazu auf seiner Homepage aus, dass Rechtsgrundlage“ für die öffentliche Zustellung§ 40 Absatz 1 Satz 1 SGB II, §§ 37 Absatz 3, 65 SGB X in Verbindung mit § 10 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG)“ ist. Und weiter: Das Jobcenter Rhein-Berg hat seine Website als Stelle für Öffentliche Zustellungen seiner Bescheide im Sinne des § 10 VwZG bestimmt.“

Aber in keiner dieser Rechtsgrundlagen ist geregelt, dass öffentliche Zustellungen mit personenbezogenen Daten, die dem Sozialdatenschutz (§§ 67 ff SGB X) unterliegen, im Internet und damit auch außerhalb des Geltungsbereichs der DSGVO veröffentlicht werden dürfen.

Trotzdem tun dies eine Vielzahl von Jobcentern und örtlichen Dienststellen der BA. Neben den bereits in früheren Beiträgen genannten Jobcentern im Lahn-Dill-Kreis und im Rhein-Neckar-Kreis stellen nach einer ersten Internet-Recherche mindestens folgende weitere Jobcenter und lokale Dienststellen der BA für Mitteilungen nach § 10 VwZG auf ihrer jeweiligen Homepage zu:

Jobcenter in gemeinsamer Trägerschaft von BA und kommunalen Trägern

Kommunale Jobcenter

Lokale Dienststellen der BA

Einen gesetzeskonformen Umgang mit öffentlichen Zustellungen pflegen die Jobcenter

Quelle: Jobcenter Flensburg


Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat bei einer Prüfung der Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorschriften im Jobcenter Köln in seinem Prüfbericht vom 23.04.2018 festgestellt:

Quelle: Prüfbericht des BfDI vom 23.04.2018

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