#Hessentrojaner: Nicht mehr für den “Verfassungs”schutz, aber für die hessische Polizei

Datenschutzrheinmain/ Juni 19, 2018/ alle Beiträge, Hessische Landespolitik, Polizei und Geheimdienste (BRD)/ 0Kommentare

Das ist einer der zentralen Punkte eines Änderungsantrags zum Hessischen “Verfassungs”schutzgesetz, zum Hessischen Sicherheits- und Ordnungsgesetz und zu anderen Gesetzen, den CDU und Grüne im Hessischen Landtag am 06.06.2018 vorgelegt haben. Der Antrag wurde am 19.06.2018 in zweiter Lesung behandelt und soll, wenn es nach Wunsch der schwarz-grünen Koalition geht, bereits am 21.06.2018 verabschiedet werden. Eine erneute Anhörung zu diesem Gesetzespaket lehnen CDU und Grüne ab. Offensichtlich wollen beide Fraktionen sich nicht – wie am 09.02.2018 in der Anhörung zum ursprünglichen Gesetzentwurf – eine Klatsche von Juristen und anderen Sachverständigen einholen.

Das Wichtigste vorab: Der Hessentrojaner bleibt! Statt dem Verfassungsschutz wird er nun der Polizei zugebilligt. Die Kritik wurde also nicht im Ansatz verstanden. Schwarz-Grün ist also weiterhin Befürworter einer gefährdeten IT-Sicherheit und damit der Sicherheit Aller – nicht im Namen von Freiheits- und Bürgerrechten, sondern im Namen einer wie auch immer gearteten ” Sicherheit”.

Lanttagsfraktion und Landesvorstand der Hessischen Grünen, die mit ihrem Gesetzentwurf in der Grünen Landesmitgliederversammlung im November 2017 mehrheitliche Ablehnung erfuhren, versuchen in einer Stellungnahme vom 24.05.2017 die taktischen Änderungen als Erfolg zu verkaufen.

Jürgen Erkmann, aktives Mitglied der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main und Spitzenkandidat der Piraten bei der hessischen Landtagswahl am 28.10.2018, hat den Änderungsantrag von CDU und Grünen einer ersten Durchsicht und Kritik unterzogen. Nachstehend einige Auszüge aus seiner Stellungnahme, die auf der Homepage der hessischen Piraten im Wortlaut veröffentlicht ist:

  • “Eine entscheidende Änderung erfolgt in § 5 HVSG-neu. Der Angriff auf informationstechnische Systeme (‘Hessentrojaner’) ist aus dem Gesetzentwurf gestrichen worden. Leider ist das nur wenig Grund zur Freude, denn verstanden hat die schwarz-grüne Koalition die grundsätzliche Kritik nicht im Ansatz. Statt dessen werden diese Befugnisse nun im HSOG untergebracht…”
  • ” Die haarsträubenden Regelungen zu den verdeckten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sowie der Vertrauensleute werden nicht angefasst. Straftaten und Straftäter für die ‘Sache des Staates’ – im Namen der Sicherheit – sollen weiterhin erstmalig legitimiert werden. Aus den Vorfällen, Pleiten und Pannen des NSU-Komplex wurden eben gerade KEINE Lehren gezogen. Vielmehr wird illegales, ja strafbares Verhalten im Nachhinein belohnt…”
  • ” Im umstrittenen § 21 (nun § 20) Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe f wird zwar die aus dem nun ersetzen Änderungsantrag gefundene Entschärfung der Überprüfung von Organisationen in der Extremismusprävention übernommen, jedoch besteht die Regierungkoalition weiterhin auf die Erstüberprüfung. Es wird also lediglich ein ‘Bestandsschutz’ eingebaut, um den Widerstand gering zu halten, statt diese Maßnahme nur bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte zu gestatten. Es bleibt also beim Mißtrauen gegenüber ausgerechnet den Personen und Organisationen, denen das Land zu tiefsten Dank verpflichtet sein sollte.”
  • “Es bleibt… dabei, dass die sogenannte Parlamentarische Kontrolle im Wesentlichen ein Gnadenakt der Regierung und der faktischen Mehrheit der sie bildenen Fraktionen bleibt. Damit ist weiterhin sicher gestellt, dass der Geheimdienst, das zuständige Ministerium und die Landesregierung weiterhin unkontrollierbar bleibt.”
  • “Angesichts der Skandale und Versäumnisse, der mangelnden Aufklärung, dem zusätzlichen Befugnissen und der vertanenen Chance zur Neuausrichtung, bleibt die Forderung bestehen, dass dieser Verfassungsschutz nicht reformierbar ist und daher abgeschafft werden muss.”
  • ” Die Befugnisse zur Videoüberwachung im öffentlichen Raum werden auf die Gefahrenabwehrbehörden ausgeweitet. Die Gleichschaltung von Polizei und Gefahrenabwehr nimmt weiter Raum ein, ist sie heute doch schon regional unterschiedlich faktisch kaum mehr vorhanden. An gleicher Stelle werden die Voraussetzungen für die Inbetriebnahme einer Videoüberwachung erheblich ausgeweitet. Die Notwendigkeit, dass es sich um einen Kriminalitätschwerpunkt handeln muss, entfällt.”

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