Forderung nach Videoüberwachung an U-Bahn-Stationen in Frankfurt-Bergen-Enkheim vorerst zurückgestellt

Datenschutzrheinmain/ Mai 8, 2018/ alle Beiträge, Videoüberwachung, Videoüberwachung in der Region/ 0Kommentare

Am 08.05.2018 beriet der Ortsbeirat 16 (Bergen-Enkheim) über einen Antrag der SPD-Fraktion, in dem unter dem Betreff: “Anbringung von Videokameras im gesamten U-Bahnbereich Enkheim” lapidar gefordert wird: “Der Ortsbeirat möge beschließen, der Magistrat wird gebeten im gesamten U-Bahnbereich Enkheim Videokameras aufstellen zu lassen.” Als Begründung wird ebenso lapidar genannt: “Aus Gründen der Sicherheit für die Fahrgäste und des ÖPNV-Personals, als auch zum Schutz gegen Vandalismus insbesondere bei den abgestellten Rädern, sollen Videokameras eingerichtet werden.”

Für die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main war dies Anlass,  der SPD-Fraktion im Rahmen der BürgerInnen-Fragestunde zu Beginn der Sitzung einige Fragen zu stellen:

  • Gab es in jüngerer Vergangenheit Vorfälle, die Anlass sind, diese Forderung zu erheben? Welcher Art waren diese Vorfälle? Wie häufig waren sie?
  • Was ist mit “Anbringung von Videokameras im gesamten U-Bahnbereich Enkheim” konkret gemeint? Die beiden U-Bahn-Stationen, die sich auf dem Territorium des Ortsbezirks Bergen-Enkheim befinden (Enkheim und Hessen-Center)? Oder die gesamte Gleisanlage im Ortsbezirk? Oder auch der öffentliche Straßenraum im Umfeld der U-Bahn-Stationen und der Gleisanlage?
  • Hat die SPD-Fraktion im Vorfeld ihrer Antragstellung die Betreiberin der U-Bahn und Inhaberin des Hausrechts auf den Gelände der beiden U-Bahn-Stationen, die Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) befragt, aus welchen Gründen sie diese Stationen – im Unterschied zu vielen andern Straßenbahn- und U-Bahn-Stationen – nicht videoüberwacht?
  • Ist der SPD-Fraktion bekannt, wer Eigentümer oder Inhaber des Hausrechts des Geländes ist, auf dem nahe der U-Bahn-Station Enkheim die Fahrradständer platziert ist? Hat die Fraktion mit dem Eigentümer oder Inhaber des Hausrechts im Vorfeld ihrer Antragstellung gesprochen? Wenn Ja: Wie war dessen Bewertung des Begehrens?
  • Hat die SPD-Fraktion im Vorfeld der Antragstellung bei der Leitung des zuständigen Polizeireviers deren Bewertung der Gefährdungssituation abgefragt? Wenn Ja: Mit welchem Ergebnis?
  • Sind der SPD-Fraktion die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen bekannt, die bei der Installation von Videoüberwachungsanlagen zu beachten sind? Für die Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) ist dies § 6b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), mit Inkrafttreten der Europäischen Datenschutzgrundverordnung am 25.05.2018 § 4 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG-neu). Für die Stadt Frankfurt ist dies § 14 Hessisches Sicherheits- und Ordnungsgesetz (HSOG), mit Inkrafttreten der Europäischen Datenschutzgrundverordnung am 25.05.2018 § 4 Hessisches Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz (HDSIG).

Womit nicht zu rechnen war: Die vierköpfige Fraktion der SPD war nicht in der Lage, auch nur eine dieser Fragen in der Sitzung zu beantworten. Sie baten den Fragesteller um Überlassung einer E-Mail-Adresse, um die Fragen schriftlich zu beantworten. Es darf vermutet werden, dass den Fraktionsmitglieder der SPD in der Sitzung erstmals bewußt wurde, dass „gefühlte Sicherheit“ keine Grundlage für politische Entscheidungen sein kann und Sachkunde bzw. die Kenntnis von Rechtsgrundlagen in Vorbereitung von Beschlüssen hilfreich ist.

War die überwältigende Mehrheit des 19-köpfigen Gremiums  nach Darstellung der Ortsvorsteherin zu Beginn der Sitzung fest entschlossen, den Antrag der SPD gegen die Stimmen der Grünen (2) und der Linken (1) durchzuwinken, hatte die streitige Diskussion zumindest ein positives Zwischenergebnis: Auf Antrag der Grünen wurde die Beratung und Beschlussfassung über den Antrag der SPD zurückgestellt.

Man darf gespannt sein, ob und wie die o. g. Fragen vor oder während der nächsten Sitzung des Ortsbeirats beantwortet und wie sich die unterschiedlichen Fraktionen dann ggf. positionieren werden.

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