Das Jobcenter Frankfurt und das Informationsfreiheitsgesetz: Der Druck auf die Behörde wächst – Frankfurter Bürgerin und Leistungsberechtigte nach SGB II stellt Antrag nach IFG
Das Jobcenter Frankfurt/Main unterliegt als gemeinsame Einrichtung von Bundesagentur für Arbeit (BA) und Stadt Frankfurt den Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG). Dies wurde in der Vergangenheit nachhaltig verweigert, wie Mitglieder der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main feststellen mussten. Betroffenen Menschen und der interessierten Öffentlichkeit war es daher bisher nicht möglich zu überprüfen, wie der Umgang mit Angelegenheiten der im Jobcenter vorsprechenden und Anträge stellenden Menschen von Seiten der Behördenleitung geregelt ist. Nach Beschwerde bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit teilte diese mit: „…das Jobcenter Frankfurt am Main hat mir schriftlich mitgeteilt, dass es seine internen Arbeitsanweisungen auf der eigenen Internetpräsenz veröffentlichen wird. Die Veröffentlichung soll bis Mitte August erfolgen…“ Im September 2017 war es dann endlich so weit, die ersten sieben Arbeitsanweisungen wurden veröffentlicht, wie ein Blick auf die Homepage des Jobcenters Frankfurt zeigt:
Was sofort ins Auge fällt: Der Eingangssatz „Das Jobcenter Frankfurt veröffentlicht interne Arbeitsanweisungen im Internet, um… Einsicht in wichtige interne Weisungen zu geben.“ Daraus uns aus den Überschriften und Nummerierungen der veröffentlichen Arbeitsanweisungen geht hervor, dass hier eine Auswahl getroffen wurde, bei der nur interne organisatorische Regelungen veröffentlicht wurden:
- Arbeitsanweisung PAP-Aktenführung – M.1
- Arbeitsanweisung Entscheidungs- und Zeichnungsbefugnisse M&I – M.2
- Arbeitsanweisung Abrechnungsverfahren von städtischen Unterkünften – L.4
- Arbeitsanweisung E-Mail Korrespondenz; Ablageportal des Jobcenters Frankfurt – A.2
- Arbeitsanweisung Hilfen zur Wohnungssicherung, Zusammenarbeit mit dem JSA – L.3
- Arbeitsanweisung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (PÖ) – A.6
- Arbeitsanweisung Sprachliche Gleichbehandlung von Männern und Frauen – A.5
Arbeitsanweisungen, die für die „Kundinnen“ / „Kunden“ des Jobcenters von zentraler Bedeutung sind, wurden vom Jobcenter nicht veröffentlicht. Ein Mitglied der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hat wg. der restriktiven Informationspolitik des Jobcenters Frankfurt deshalb erneut Beschwerde bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit eingelegt.
Zwischenzeitlich stellte auch eine Bürgerin der Stadt Frankfurt am Main und Leistungsberechtigte nach dem SGB II eine Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) an das Jobcenter. Ihre Korrespondenz vom 20.09.2017 hat sie der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main zur Verfügung gestellt. Mit der Veröffentlichung ist sie einverstanden. Sie schreibt:
„Mir sind Einsichten in die Verwaltungsvorgänge der Frankfurter Jobcenter wichtig. Mit Jahresbeginn 2011 ist dies Bestandteil des SGB II (§50 Abs.2 SGB II). Ich beantrage daher, dass Sie mir ausnahmslos alle derzeit gültigen internen Weisungen und Arbeitshilfen des Jobcenters zur Verfügung stellen, entweder in der Form, dass Sie diese auf Ihrer Homepage veröffentlichen oder mir elektronisch als Dateiformat .pdf oder in anderer Form. Dabei beziehe ich mich auf Weisungen und Arbeitshilfen Ihres Hauses, nicht auf Weisungen der Bundesagentur für Arbeit. In einem ersten Schritt beantrage ich, dass Sie mir die nachstehend genannten derzeit gültigen internen Weisungen und Arbeitshilfen des Jobcenters umgehend, spätestens innerhalb eines Monats, zur Verfügung stellen :
Arbeitsanweisungen im Bezug auf :
- die Bearbeitung eines Antrags auf Leistungen nach SGB II und die dabei zu beachtenden Fristen,
- den Umgang mit akut mittellosen AntragstellerInnen,
- die Entgegennahme und Bearbeitung von Unterlagen, die AntragstellerInnen persönlich abgeben oder die sie dem Jobcenter zusenden,
- die Prüfung der Angemessenheit der Unterkunfts- und Heizkosten (KdU),
- den Umgang mit Wohnraumbeschaffungskosten (Kaution / Wohngenossenschaftsanteil),
- Verfügbarkeit und Nutzung von Dolmetscherdienstleistungen,
- Hausverbotsregelung(en),
- den Ermittlungsdienst des Jobcenters,
- die Tätigkeit der Widerspruchs- bzw. Rechtsbehelfsstelle des Jobcenters
und die dabei zu beachtenden Fristen.
Sollten Ihre hausinternen Arbeitsanweisungen im Einzelfall Anlagen enthalten bezieht sich mein Antrag auch auf diese Anlagen…“
Am 22.09.2017 hat der Datenschutzbeauftragte des Jobcenters Frankfurt der antragstellenden Bürgerin mitgeteilt: „…hiermit bestätige ich Ihnen wie gewünscht den Eingang Ihres Antrages nach dem Informationsfreiheitsgesetz.“
Ob das Jobcenter Frankfurt jetzt seine Informationspolitik jetzt endlich den gesetzlichen Erfordernissen des IFG anpasst?
Eine – nicht nur für die anfragende Bürgerin – spannende Frage!
Spannender als die Wahl ist das auf jeden Fall!
Wie ist das eigentlich mit den Sozialämtern? Gilt da das IFG oder brauch Hessen erst eins?
Das IFG ist ein Bundesgesetz. Nach § 1 Abs. 1 IFG gilt es „gegenüber den Behörden des Bundes… Für sonstige Bundesorgane und -einrichtungen gilt dieses Gesetz, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen…“
Damit gilt es auch für Jobcenter in gemeinsamer Trägerschaft von Bundesagentur für Arbeit und dem jeweiligen kommunalen Träger (Landkreis oder kreisfreie Stadt). Das Jobcenter Frankfurt ist in dieser Rechtsform geschaffen worden. Deshalb gilt hier das IFG. In rein kommunalen Jobcentern (z. B. MainArbeit Offenbach Stadt, ProArbeit Offenbach Landkreis) gilt das IFG nicht.
Hessen ist eines von vier Bundesländern, das kein dem IFG vergleichbares Landesgesetz beschlossen hat. Die Folge: Landes- und kommunale Behörden müssen in Hessen keine Einsicht in ihre internen Arbeitsanweisungen gewähren. Näheres dazu in anderen Beiträgen auf dieser Homepage, z. B. hier:
https://ddrm.de/von-hamburg-lernen-auch-hessen-braucht-ein-transparenzgesetz/
https://ddrm.de/aenderung-der-hessischen-verfassung-forderungen-der-buergerinitiative-diedatenschuetezr-rhein-main/
https://ddrm.de/hessen-braucht-endlich-ein-informationsfreiheitsgesetz/