Biometrische Überwachung: Innenminister Dobrindt plant Rechtsbrüche und Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung
Im Jahr 2007 erklärte Ernst Benda (CDU), 1968/69 Bundesinnenminister und 1971-1983 Präsident des Bundesverfassungsgerichts, in einem Interview mit der Tagesschau:
„Einen Staat, der mit der Erklärung, er wolle Straftaten verhindern, seine Bürger ständig überwacht, kann man als Polizeistaat bezeichnen.“
Der aktuelle Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) ist auf dem besten Weg, genau dies in die Wege zu leiten. Von der kritischen Öffentlichkeit noch weitgehend unbeachtet bleibt bislang sein Gesetzentwurf für die Neuregelung biometrischer Fernüberwachung. Der Entwurf sieht mehrere Änderungen am Gesetz über das Bundeskriminalamt (BKAG), am Gesetz über die Bundespolizei (BPolG) und am Asylgesetz (AsylG) vor. Polizeibehörden sollen zusätzliche Befugnisse erhalten, die Grundrechte verletzen, gegen die KI-Verordnung der EU verstoßen und KI-gestützte Massenüberwachung vorantreiben.
Ein Vertreter von AlgorithmWatch kritisiert diesen Vorstoß: „Innenminister Dobrindt wünscht sich, dass Aufnahmen von Gesichtern mit öffentlich zugänglichen Daten aus dem Internet biometrisch abgeglichen werden. Dazu muss eine Datenbank aufgebaut werden, die alle Internet-Bilder von uns enthält: das Familienfoto bei Facebook, das Selfie bei Instagram oder auch das Portrait auf der Website des Arbeitgebers. Wir werden also alle in einer polizeilichen Datenbank aufgeführt, ohne dass ein Verdacht vorliegen muss. Dabei verbietet die KI-Verordnung, solche KI-gestützten Datenbanken mit Gesichtsbildern zu erstellen. Wir haben gerade erst in Ungarn gesehen, wie biometrische Überwachungssysteme missbraucht werden können. Präsident Orbán wollte mit Gesichtserkennung die Besucher*innen des CSD in Budapest verfolgen. Das konnte nur mit Protest aus ganz Europa verhindert werden. Selbstverständlich müssen Sicherheitsbehörden wirksame Befugnisse haben, um zu ermitteln und Straftaten zu verhindern. Das darf aber nicht dazu führen, die Unschuldsvermutung über Bord zu werfen, eins der Grundprinzipien rechtsstaatlicher Strafverfahren. Bilder von uns allen in Ermittlungsdatenbanken zu speichern, würde aber genau das bedeuten.”
AlgorithmWatch hat eine Petition gestartet, in der unter anderem gefordert wird, Gesichtserkennungssysteme im öffentlichen Raum vollumfänglich zu verbieten.