Hessisches Versammlungsgesetz stoppen! Grundrechte erhalten! Ein Appell an die hessische Landesregierung
Am 04.11.2022 legte die schwarz-grüne hessische Landesregierung dem Landtag den Gesetzentwurf für ein Hessisches Versammlungsfreiheitsgesetz (HVersFG) vor. Am 15.11.2022 fand dazu die erste Lesung im Hessischen Landtag statt. Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) erklärte aus diesem Anlass u. a.: „Ziel des neuen Hessischen Versammlungsfreiheitsgesetzes ist es, eine friedliche Demonstrationskultur in Hessen zu fördern und dem für die demokratische Willensbildung unverzichtbaren Recht auf Versammlungsfreiheit zur größtmöglichen Wirksamkeit zu verhelfen“. Bei der Formulierung des HVersFG sei auf die harmonische Rechtsentwicklung mit den bereits ergangenen Versammlungsgesetzen anderer Bundesländer geachtet worden.
Ein hehrer Anspruch, den der Gesetzentwurf nicht einhält! Schon bei erster grober Durchsicht des Gesetzentwurfs fallen problematische Regelungstatbestände ins Auge, die teils deutlich weiter gehen vergleichbare Regelungen im (in Hessen derzeit noch geltenden) Versammlungsgesetz des Bundes oder in den Versammlunggesetzen der Bundesländern Bayern, Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.
Unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten fallen im Vergleich mit den genannten anderen Versammlungsgesetzen insbesondere folgende Punkte auf, unter denen der Anspruch, Versammlungs„freiheits“gesetz zu sein, sich in sein Gegenteil verkehrt wird:
- mehr Angaben zur Person, die ein Anmelder zu sich selbst machen muss,
- ggf. namentliche Benennung aller eingesetzten Ordner*innen gegenüber den Behörden,
- längere Aufbewahrungsfristen von polizeilichen Videoüberwachungen öffentlicher Versammlungen unter freiem Himmel,
- ein fehlendes Informationsrecht für Personen, von denen Videoaufzeichnungen angefertigt werden.
Insgesamt muss eine unvoreingenommene Bewertung des Gesetzentwurfs zum Ergebnis kommen, dass die Hessische Landesregierung, entgegen der Bekundungen im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen (“Dem für die demokratische Willensbildung unverzichtbarem Freiheitsrecht des Art. 8 GG wollen wir zur größtmöglichen Wirksamkeit verhelfen… Wir orientieren uns dabei an dem schleswig-holsteinischen Versammlungsfreiheitsgesetz” – dort S. 57/58) aus allen bestehenden Versammlungsgesetzen der anderen Bundesländer das zusammengeklaubt hat, was die Versammlungsfreiheit des Art. 8 Grundgesetz einschränkt und durch weitere Verschärfungen (z. B. bei Umfang der Personalangaben von Versammlungsleiter*innen und Ordner*innen, Aufbewahrungsfristen von Videoüberwachungsaufzeichnungen) angereichert hat.
Die hessische Landesregierung beabsichtigt, ihren Gesetzentwurf am 21. und 23.03.2023 in 2. und 3. Lesung vom Landtag verabschieden zu lassen.
Mit der Maxime Hessisches Versammlungsgesetz stoppen! hat ein Bündnis unterschiedlichster Organisationen mit Demonstrationen am 11.03.2023 in Wiesbaden und am 18.03.2023 in Frankfurt gegen die Pläne der schwarz-grünen Koalition protestiert.