Zum Schutz der Meinungs- und Versammlungsfreiheit: Keine Videoüberwachung an der Hauptwache in Frankfurt!

Datenschutzrheinmain/ April 12, 2017/ alle Beiträge, Videoüberwachung, Videoüberwachung in der Region/ 0 comments

Nach Ostern will der Frankfurter Sicherheitsdezernent Markus Frank (CDU) eine Beschlussvorlage in den Magistrat einbringen, mit der die Videoüberwachung der Frankfurter Hauptwache in Magistrat und Stadtverordnetenversammlung durchgesetzt werden soll. Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hat von Beginn an diese Forderung der CDU hinterfragt. Auch als der Frankfurter CDU-Vorsitzende und Bürgermeister Uwe Becker Ende 2016 diese Forderung erneut erhob. Auf einen Brief mit detaillierten Fragen hat Herr Becker bislang nicht geantwortet.Bevor SPD und Grüne, die Koalitionspartner der Frankfurter CDU, dem Druck der CDU nachgeben, sollten sie dem CDU-Sicherheitsdezernenten Markus Frank und dem CDU-Bürgermeister Uwe Becker mindestens folgende Fragen stellen:

  • Gibt es belastbare und für die interessierte Öffentlichkeit überprüfbare Daten, dass es an der Hauptwache ein erhöhtes Aufkommen von Drogen- und Kleinkriminalität, Diebstählen und Raubüberfällen gibt – also einen örtlich präzise abgrenzbaren Kriminalitätsschwerpunkt?
  • Gibt es belastbare und für die interessierte Öffentlichkeit überprüfbare Daten, dass andere Mittel der Gewaltprävention und der Aufklärung von Straftaten an der Hautwache nicht zur Verfügung stehen oder nicht geeignet sind, das gewünschte Ziel zu erreichen?
  • Gibt es belastbare und für die interessierte Öffentlichkeit überprüfbare Daten, dass die Videoüberwachung der Hauptwache die Probleme objektiv reduzieren kann?
  • Gibt es für die bereits bestehenden Plätze – Konstablerwache und Bahnhofvorplatz – Evaluierungen, die die Fortsetzung dieser bestehenden Videoüberwachung rechtfertigen?

Walter Schmidt, aktives Mitglied der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main wurde am 11.04.2017 von der Frankfurter Rundschau befragt, was er von einer Videoüberwachung der Frankfurter Hauptwache hält. Seine Antwort: „…Durch eine Videoüberwachung würde das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit massiv eingeschränkt. Denn es ist einfach Fakt, dass Menschen sich anders verhalten, wenn sie wissen, dass sie von der Polizei beobachtet werden. Das hat übrigens schon das Bundesverfassungsgericht festgestellt.“

Schmidt bezieht sich damit auf die Kernaussage des Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichts vom 15.12.1883, mit der das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Menschenwürde etabliert wurde: „Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. […] Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist…“

Auf die Frage „Unstrittig ist aber doch, dass sich Straftaten durch Videotechnik leichter aufklären lassen“ antwortet Schmidt: „Zumindest versucht die Polizei in ganz Deutschland derzeit, diesen Eindruck zu vermitteln. Jeder Ermittlungserfolg dank Videoüberwachung wird in den Pressemitteilungen hervorgehoben. Klar, die Bilder können bei der Aufklärung helfen. Aber in Berlin gab es jetzt mal eine interessante Anfrage der FDP. Die hat ausrechnen lassen, wie viel die Videoüberwachung kostet, und dagegengerechnet, was Streifenpolizisten für das Geld leisten könnten. Die Beamten auf der Straße können deutlich effizienter arbeiten, wie sich herausgestellt hat.“ Schmidt bezieht sich dabei auf einen Beitrag des FDP-Politiker Marcel Luthe, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, im Focus. Dieser hat die Kosten für Videoüberwachung sowie die Personalkosten der Berliner Polizei rein betriebswirtschaftlich mit ihrem Nutzen bei der Aufklärung von Straftaten verglichen und festgestellt: Eine Videokamera ermittelt rund 0,05 Tatverdächtige… Polizist 176 Mal effizienter.

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