Welchen Schutz brauchen sensible Gesundheitsdaten?
Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), vom Bundestag am 14.03.2019 beschlossen, ist am 11.05.2019 in Kraft getreten. Eine seiner Regelungen: Es verpflichtet die Krankenkassen in § 291 SGB V “Versicherten ab dem 1. Dezember 2019 auf Verlangen unverzüglich eine elektronische Gesundheitskarte mit kontaktloser Schnittstelle zur Verfügung zu stellen”und in § 291b SGB V “ihren Versicherten spätestens ab dem 1. Januar 2021 eine von der Gesellschaft für Telematik nach § 291b Absatz 1a Satz 1 zugelassene elektronische Patientenakte zur Verfügung zu stellen.” Auf die darin gespeicherten Daten sollen die Versicherten auch mittels Smartphone oder Tablet zugreifen können.
Für Dr. Elke Steven, Geschäftsführerin der Digitalen Gesellschaft, war dies Anlass, sich in einem informativen Beitrag unter dem Titel „Welchen Schutz brauchen sensible Gesundheitsdaten? Elektronische Gesundheitskarte mit elektronischer Patientenakte und elektronische Gesundheitsakte“ mit Geschichte, Gegenwart und Zukunft sowie den Risiken der Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen auseinander zu setzen.
Sie stellt eingangs Ihres Beitrags fest: „Gesundheitsdaten sind extrem sensible Daten, die individuelle Merkmale enthalten (können), die lebenslang erhalten bleiben. Sie können zur Stigmatisierung und Benachteiligung beitragen… Je mehr Aspekte von Gesundheit, von individuellen Anlagen, Hinweise auf potentielle Krankheiten – etwa durch die Genforschung – erkannt werden können, desto mehr gilt es diese Sensibilität der Daten zu berücksichtigen. Gesundheitsdaten können so sensibel sein, dass außer einem Arzt, dem der Patient vertraut und der gesetzlich zum Schweigen verpflichtet ist, und ihm selbst niemand darüber informiert sein soll. Wenn es etwa um genetische Veranlagungen geht, sind es nicht mehr nur ‚meine‘ Daten, sondern auch die von Verwandten. Angehörige haben ein Recht auf Nichtwissen. Der Verlust von Zugangsdaten ist immer heikel und macht die Verletzlichkeit in der digitalen Welt deutlich. Der ‚Verlust‘ von Gesundheitsdaten kann erhebliche Konsequenzen mit sich bringen… Das kann einen tiefgreifenden Einschnitt bedeuten, der den Rest des Lebens verändert… Wenn Informationen über die Gesundheit von Menschen einmal öffentlich sind, können diese Informationen nicht mehr zurückgeholt werden. Kein neues Passwort schützt die Daten. Das ist grundlegend anders als beim Verlust des Schlüssels zu Kontodaten. Der Verlust ist begrenzt, das Konto kann neu geschützt werden. Gesundheitsdaten, die öffentlich bekannt wurden, sind für immer in der Welt und nicht rückholbar…“
Unter diesem Blickwinkel bewertet Dr. Steven die neuen gesetzlichen Regelungen. Am Ende ihres Beitrags stellt sie fest: „Zu bedenken und gesellschaftlich zu diskutieren ist immer neu, wohin die Entwicklungen des Gesundheitssystems gehen. Auch die eGK dient vor allem einem Umbau des Gesundheitssystems. Verantwortung wird auf den einzelnen Bürger geschoben, der sich aller Risiken – von denen der Krankheit bis zu denen des Datenmissbrauchs – bewusst sein und sich entsprechend verhalten soll…“
Die Zitate aus den Beitrag von Dr. Elke Steven wurden erstmals veröffentlicht am 14.05.2019 von der Digitalen Gesellschaft unter der Lizenz CC-BY-SA.