Fluggastdatenspeicherung (PNR): Deutsche und österreichische NGOs bereiten Klagen vor

Datenschutzrheinmain/ Mai 14, 2019/ alle Beiträge, EU-Datenschutz, Passenger Name Record / Fluggastdatenspeicherung, Verbraucherdatenschutz, Vorratsdatenspeicherung/ 0Kommentare

Die Europäische Union hat mit der EU-Richtlinie 2016/681 über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) die Grundlagen für das deutsche Fluggastdatengesetz (FlugDaG) geschaffen. Seit 2018 findet eine Speicherung von Fluggastdaten in einer Datenbank des Bundeskriminalamts statt. Dabei werden von den Fluggesellschaften die Fluggastdaten für alle Flüge des Linien-, Charter- und Taxiverkehrs übermittelt, die nicht militärischen Zwecken dienen und die von der Bundesrepublik Deutschland aus starten und in einem anderen Staat landen oder von einem anderen Staat aus starten und in der Bundesrepublik Deutschland landen oder zwischenlanden. In § 2 FlugDaG ist festgelegt, dass ca. 60 einzelne Daten von jedem Fluggast erfasst werden. Sie werden zudem für fünf Jahre gespeichert und EU-weit ausgetauscht. Nach Angaben der Bundesregierung sind inzwischen 20 Luftfahrtunternehmen an die deutsche Fluggastdatenzentralstelle angeschlossen. Zwischen dem 29.08. 2018 und dem 31.03. 2019 wurden Daten von über 1,2 Millionen Passagieren gespeichert. Diese Daten werden automatisch mit den Fahndungsdatenbanken der Polizei und dem Schengener Informationssystem abgeglichen. Dabei gab es lt. Auskunft der Bundesregierung knapp 95.000 sogenannte “technische Treffer”. Nach manueller Überprüfung durch Beschäftigte des Bundesverwaltungsamts, der Zollverwaltung oder der Bundespolizei blieben 277 echte “Treffer” übrig. Das ist – in wenigen Zahlen zusammengefasst – die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag zum Thema Ausbau der Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten. Wie viele der 277 „echten Treffer“ festgenommen oder kontrolliert wurden, teilte das Innenministerium in seiner Antwort auf die Anfrage der Linksfraktion nicht mit. Und auch nicht, ob die Daten der 95.000 sogenannten “technische Treffer” weiter in irgendwelchen Fahndungsdatenbanken der Polizei vorgehalten werden – zum Nachteil der betroffenen Personen.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und die österreichische NGO epicenter.works haben am 14.05.2019 mitgeteilt, dass sie gemeinsam mit einer KamKlage gegen die massenhafte Speicherung und intransparente Verarbeitung von Fluggastdaten vorgehen werden.

Quelle: epicenter.works

Die GFF erkärt: Diese Vorratsspeicherung von Fluggastdaten kommt mit Blick auf den heute viel genutzten Flugverkehr einer Massenüberwachung gleich. So werden laut Bundesverwaltungsamt allein in Deutschland jährlich circa 170 Millionen Fluggäste erwartet. Die zur Profilbildung genutzten automatisierten Entscheidungssysteme sind intransparent und potenziell diskriminierend – nämlich dann, wenn vermeintlich ‚neutrale‘ Ergebnisse dazu führen, dass Personen aufgrund ihrer Herkunft, Religion oder anderer Merkmale als verdächtig eingestuft werden. Außerdem ist nicht sicher, dass derartige Massenüberwachung überhaupt ein effizientes Mittel zur Aufklärung und Verhinderung von terroristischen und anderen schweren Verbrechen ist. Vielmehr kann die schiere Menge an Daten die Analyse erschweren. Die Fluggastdatenspeicherung ist daher nicht nur ein tiefer Eingriff in unsere Grundrechte auf Privatsphäre und Datenschutz, sondern auch das falsche Mittel zur Kriminalitätsbekämpfung.“

Die GFF bestreitet mit ihren Kläger*innen zwei rechtliche Wege. Zum einen geht sie verwaltungsrechtlich gegen das Bundeskriminalamt vor und verlangt die Nichtverarbeitung und Löschung der PNR. Auf zivilrechtlichen Weg unterstützt die GFF Kläger*innen, die sich als Fluggäste dieser Überwachung ausgesetzt sehen. Einige von ihnen üben Berufe aus, die ein besonderes Maß an Vertraulichkeit erfordern. So klagen u. a. die Journalistin und Aktivistin Kübra Gümüşay, die Datenschutz-Beauftragte von Schleswig-Holstein Marit Hansen und der Datenschutzaktivist Alexander Sander.

Zur Finanzierung der Klagen bittet die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) um Spenden!

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