Videoüberwachung – wie kann ich mich dagegen zur Wehr setzen?

Datenschutzrheinmain/ Februar 13, 2016/ alle Beiträge, praktische Tipps, Videoüberwachung, Videoüberwachung in der Region/ 2Kommentare

Update 22.07.2018

Bitte beachten: Mit Inkrafttreten der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) am 25.05.2018 und dem am gleichen Tag in Kraft getretenen neuen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) haben sich Rechtsgrundlagen und Rechtsnormen verändert. Deshalb sind manche der nachfolgend genannten Rechtsgrundlagen und Regelungen nicht mehr aktuell. Ein neuer Beitrag, der die neuen gesetzlichen Regelungen und neue Rechtsprechung berücksichtigt, ist hier nachlesbar.

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Gleich drei Kameras nebeneinander! Frankfurt, Nordendstr. 3

Wer kennt es nicht? Man geht mit wachem Blick durch die Straße, in der man wohnt, in der man etwas einkaufen möchte oder ist zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit. Und gerät dabei ins Blickfeld einer Kamera. Man fühlt sich unwohl, insbesondere wenn man diesen Weg regelmäßig geht / gehen muss. Denn jedes Mal gerät man dabei in das Blickfeld dieser Kamera(s). Man ärgert sich – und weiß nicht, wie man sich dagegen zur Wehr setzen kann.

Rechtsgrundlage für Videoüberwachung im öffentlich zugänglichen Raum durch private Kamerabetreiber ist das Bundesdatenschutzgesetz, hier § 6b BDSG. Kurz gefasst für juristische Laien: Wie habe ich die Regelung in § 6 Abs. 1 BDSG zu verstehen?

Der Betrieb von Überwachungskameras ist verboten; es sei denn, die Kamera dient einem der drei in § 6b BDSG genannten Zwecke
“1. zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,
2. zur Wahrnehmung des Hausrechts oder
3. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke.”
Zudem wird vom Kamerabetreiber verlangt, dass er vor Inbetriebnahme der Kamera(s) und in regelmäßigen Zeitabständen während des Betriebs prüft, ob der Einsatz der Kamera(s)
“erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Erforderlich sind Kameras immer nur dann, wenn der Zweck, der durch sie erreicht werden soll, mit anderen Mitteln objektiv betrachtet nicht erreicht werden kann. Nach den Bestimmungen des § 6b Abs. 2 BDSG sind zudem Kennzeichnungen anzubringen, die es Passanten oder – im Falle des Betretens eines Ladenlokals mit Kameraüberwachung – Kunden erlauben, vom Umstand der Überwachung Kenntnis zu nehmen, bevor sie den überwachten Bereich betreten.

Nachfolgend ein paar Hinweise, wie man sich wehren kann, wenn private Kamerabetreiber den öffentlich zugänglichen Raum (das sind nicht nur Straßen und Plätze sondern z. B. auch Ladenlokale oder Gaststättenräume) mit Kameras überwachen.

Datenschutzaufsicht bei Videoüberwachung im öffentlich zugänglichen Raum durch private Kamerabetreiber ist die / der Datenschutzbeauftragte des jeweiligen Bundeslandes, in dem die Kamera betrieben wird. An diese Institution müssen Sie sich mit einer Eingabe / Beschwerde wenden, wenn Sie eine Überprüfung und ggf. auch Beseitigung der Kamera erreichen möchten. In Hessen ist dies der Hessische Datenschutzbeauftragte. Senden Sie daher einen Brief oder eine Mail an Ihre Landesdatenschutz-Behörde. Teilen Sie mit,

  • wo sich die Kamera befindet (Adresse),
  • wer der mutmaßliche Betreiber ist,
  • beschreiben Sie die Blickrichtung der Kamera,
  • fügen Sie nach Möglichkeit auch ein oder mehrere Fotos der Kamera bei.

Überprüfen Sie auch, ob der Kamerabetreiber z. B. am Eingang zum Ladengeschäft einen Hinweis auf die Videoüberwachung angebracht hat (siehe § 6 Abs. 2 BDSG). Falls nicht, beschweren Sie sich auch darüber.

Ihre Eingabe ist für Sie nicht mit Kosten (Gebühren) verbunden. Der Kamerabetreiber wird von der Datenschutzaufsicht auch nicht über die Person des Beschwerdeführers unterrichtet. Auch Beschwerden, die per E-Mail eingereicht werden, finden Beachtung.

Die Datenschutzaufsichts-Behörde wird ihre Eingabe prüfen, Kontakt mit dem Kamerabetreiber aufnehmen, ggf. vor Ort die Anlage überprüfen und eine Entscheidung treffen, ob die Kamera nach ihrer Bewertung rechtskonform ist. Sollte dies nicht der Fall sein und sich der Kamerabetreiber weigern, einen rechtskonformen Zustand herzustellen, kann die Datenschutzaufsicht gegenüber privaten Kamerabetreibern auch ein Bußgeld verhängen. Nach Abschluss der Ermittlungen erhalten Sie von der Datenschutzaufsichts-Behörde eine Mitteilung, was diese getan und entschieden hat. Sie informiert auch darüber, ob eine Kamera abmontiert oder neu ausgerichtet werden musste.

Bei Videoüberwachung privater Räume (z. B. Privatgrundstücke, Eingangsbereiche und Treppenhäuser von Wohngebäuden) kann man sich zwar von den jeweiligen Landesdatenschutzbehörden beraten lassen. Eine Beseitigung der Videokamera(s) lässt sich in diesen Fällen, soweit man den Kamerabetreiber davon nicht überzeugen kann, nur durch eine Klage vor dem Amtsgericht (und ggf. weiteren Instanzen) erreichen. Das Gleiche gilt für Kamera-Attrappen. Das Recht privater Kamerabetreiber zur Videoüberwachung endet grundsätzlich an der Grundstücksgrenze.

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Hinweis auf eine Videoüberwachungsanlage mit mehr als 30 Kameras in Frankfurt im Bereich Eissporthalle, Festplatz und FSV-Stadion

Bei Videoüberwachung des öffentlichen Raums durch eine öffentliche Stelle (Behörde) ist Datenschutz-Aufsichtsbehörde die / der Datenschutzbeauftragte des jeweiligen Bundeslandes. In Hessen ist dies der Hessische Datenschutzbeauftragte. Gegenüber öffentlich-rechtlichen Kamerabetreibern kann die Datenschutzaufsicht bei rechtswidrigen Betrieb einer Videokamera kein Bußgeld verhängen. Hier wird es nur eine öffentliche Beanstandung geben.

Bei Videoüberwachung des öffentlichen Raums durch eine öffentliche Stelle des Bundes (Bundesämter und -behörden) ist als Datenschutz-Aufsichtsbehörde die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zuständig.

Bei Videoüberwachung des öffentlichen Raums durch Sicherheitsbehörden (z. B. Polizei) sind die Rechtsgrundlagen in den Polizei- bzw. Sicherheitsgesetzen des Bundes bzw. der einzelnen Bundesländer enthalten; in Hessen in § 14 HSOG.

Darüber hinaus gibt es weitere spezialgesetzliche Regelungen, z. B. in § 7 Hessisches Spielhallengesetz.

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Videoüberwachung durch sogenannter Body-Cams (Schulterkameras der PolizeibeamtInnen) ist gesondert gesetzlich geregelt; in Hessen in § 14 Abs. 6 HSOG.Der Hessiche Landtag hat Ende 2015 als bislang einziges Bundesland seinen Polizeikräften auch den Einsatz Bodycams mit Audiofunktion (Tonaufnahmen) gestattet.

Dagegen ist der Einsatz von sogenannten Dash-Cams, also Kameras, die durch Private vom Auto aus betrieben werden und den öffentlichen Raum beobachten, in der Regel rechtswidrig und unzulässig.

Zum Einsatz von Kameradrohnen gibt es noch keine gesetzliche Regelung. Bislang ist auch nur eine Urteil des des Amtsgerichts Potsdam bekannt geworden. Es hat Videoaufzeichnungen von Nachbargrundstücken untersagt.

Wer sich genauer zur Sach- und Rechtslage informieren möchte: Der Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit in NRW hat 2014 In der Orientierungshilfe Sehen und gesehen werden die gesetzlichen Grundlagen erläutert anhand von praktischen Beispielen aus den Bereichen Wohnumfeld, Gastronomie, Geschäfte, Parkhäuser, Verkehr, Bildungseinrichtungen, Freizeiteinrichtungen, Webcams sowie Videoüberwachung am Arbeitsplatz.

2 Kommentare

  1. Eine gute und sehr umfassende Rechtsprechungsübersicht zur Kameraüberwachung ist auf der Internetseite einer Anwaltskanzlei veröffentlicht:
    http://www.ferner-alsdorf.de/rechtsanwalt/it-recht/persoenlichkeitsrecht/juristische-gesamtschau-zur-kamerauberwachung/1341/

  2. Wir wollen unser Unternehmen vor Einbrüchen schützen. Es ist gut zu wissen, dass man aufpassen muss nicht die Nachbargrundstücke zu filmen. Auch das auf Videoüberwachung hingewiesen wird, so kann jeder für sich entscheiden ob er das Gelände betritt und gefilmt wird oder nicht.

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