Videoüberwachung: Urteil des Verwaltungsgerichts Köln schränkt Nutzung von Polizeikameras ein
Die Kölner Initiative Kameras stoppen ist die gesellschaftspolitische Begleitung zur Klage gegen die polizeiliche Videobeobachtung im öffentlichen Raum in Köln. Seit 2016 baut die Polizei Köln unterstützt von der Landesregierung NRW immer mehr Kameras im Stadtgebiet Köln auf, um den öffentlichen Raum zu beobachten und die Aufnahmen mindestens 14 Tage zu speichern. Im Sommer 2018 reichte ein betroffener Anwohner Klage gegen diese Videobeobachtung beim Verwaltungsgericht Köln ein.
Am 28.11.2024 fand die mündliche Verhandlung zur polizeilichen Videoüberwachung in Köln beim Verwaltungsgericht statt. Sie endete mit einem Urteil zu allen sieben Videoüberwachungsbereichen in Köln.Das Urteil stellt mindesten einen Teilerfolg in der – auch gesellschaftspolitischen – Auseinandersetzung mit den Überwachungsfetischist*innen in der Polizei, in der Politik und in der Bevölkerung dar.
- Demnach muss die Polizei am Breslauer Platz, Dom/Hbf., Ebertplatz, Kalk, Neumarkt, Ringe und Wiener Platz jeweils in Teilbereichen die Videoüberwachung einstellen, da sie keine Kriminalitätsschwerpunkte darstellen. Die videoüberwachten Flächen werden zukünftig also kleiner ausfallen müssen.
- Eine weitere Einschränkung der Videoüberwachung durch das Urteil liegt darin, dass das Gericht der Auffassung der Kläger*innen gefolgt ist, dass auch Außengastronomien im ansonsten öffentlichen Raum, die auf Grundlage eines Sondernutzungsrechts bestehen, durch z.B. schwarze Balken im Bild unkenntlich gemacht werden müssen.
- Zudem hat das Gericht die hohe Bedeutung der Versammlungsfreiheit bekräftigt und gibt der Polizei auf, eine Stunde vor Beginn, während und eine halbe Stunde nach Ende einer Versammlung die Videoüberwachung einzustellen und das im gesamten Videobereich, in dem eine Versammlung stattfindet. Damit ist der zeitliche und räumliche Schutz von Versammlungen gestärkt worden. Auch sich von Versammlungen entfernende oder später hinzustoßende Teilnehmer*innen sollen so vor Erfassung geschützt werden.
Das geht aus einer aktuellen Information der Kölner Initiative hervor. Dazu erklärt Kameras stoppen: „Nach mehreren Eilentscheidungen in den letzten Jahren war das Urteil in erster Instanz ein Etappensieg für die Kläger*innen und die sie unterstützende Initiative kameras-stoppen.org. Nun gilt es das schriftliche Urteil abzuwarten, um zu beurteilen, ob und wie eine Berufung zum Oberverwaltungsgericht NRW ausgearbeitet wird. Dann können wir auch genauer beschreiben, welche Straßen und Abschnitte zukünftig nicht mehr videoüberwacht werden dürfen. Die Berufung wurde vom VG Köln ausdrücklich zugelassen. Es wird von Kläger*innenseite erwartet, dass das beklagte Land NRW in die Berufung geht.“
Eine notwendige Ergänzung zu Eurer Darstellung!
Unter der Überschrift „Zahnlose Datenschutzbehörde“ schreibt Markus Reuter bei Netzpolitik.Org:
„Dass Privatpersonen über Jahre und mit Einsatz von viel Zeit und Geld Grundrechte erkämpfen müssen, zeigt, dass die Datenschutzbehörde nicht stark genug gegen die ausufernde Videoüberwachung in Köln vorgegangen ist… Bürgerschaftliches Engagement ist gut und wichtig und richtig. Von solchem Engagement lebt die Demokratie, sie wird wie in diesem Fall sogar aktiv geschützt vor einer übergriffigen Exekutive, die ihre Rechte viel zu weit auslegt und einfach mal drauflosüberwacht… Aber ist es eigentlich Aufgabe von Bürgerinnen und Bürgern, darauf zu achten, dass Recht und Gesetz eingehalten werden? Ja, das ist es. Aber nur zum Teil. Denn die große Frage ist: Was hat eigentlich die Landesdatenschutzbeauftragte in NRW die ganze Zeit gemacht… Ich mag keine zahnlosen Datenschutzbehörden. Ich will als Bürger, dass Datenschutzbehörden mein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und meine Privatsphäre mit Verve und Elan verteidigen. Ich will, dass sie einer Polizei, die einfach mal macht, weil es geht, einen Riegel vorschiebt. Ich will, dass die Datenschutzbehörden prüfen, bevor die Kameras an die Wand geschraubt sind und Fakten geschaffen werden. Denn sonst müssen wieder ein paar aufrichtige Überwachungsgegner:innen acht Jahre lang Freizeit, Geld und Energie opfern, damit irgendwann ein Gericht urteilt, dass der Staat rechtswidrig gehandelt hat.“
https://netzpolitik.org/2024/verwaltungsgericht-koeln-teilerfolg-bei-klage-gegen-videoueberwachung/