Videoüberwachung im Verkaufsraum einer Apotheke untersagt

Datenschutzrheinmain/ März 17, 2016/ alle Beiträge, Beschäftigtendatenschutz, Videoüberwachung/ 0 comments

Das Verwaltungsgericht Saarlouis hat mit Urteil vom 29.01.2016 (Aktenzeichen: 1 K 1122/14) die Videoüberwachung des Verkaufsraums eine Apotheke untersagt und damit eine Verfügung des Landesdatenschutzbeauftragten des Saarlands bestätigt.

Ein Apotheker hatte sowohl den Verkaufsraum als auch den Bereich vor dem Betäubungsmittelschrank mit Videokameras überwachen lassen und die Aufzeichnungen gespeichert. Die saarländische Datenschutzaufsichtsbehörde erließ eine Unterlassungsanordnung mit der Begründung, die Videoüberwachung sei nicht gerechtfertigt und daher verboten. Das Verwaltungsgericht Saarlouis entschied, dass die Videoüberwachung im Verkaufsraum der Apotheke nicht zulässig ist. Eine Videoüberwachung sei in öffentlich zugänglichen Räumen nur gestattet, soweit sie für die Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist. Der Apotheker habe nicht vermocht, die hierfür erforderliche Gefährdungslage zu begründen.

In der Urteilsbegründung stellt das Gericht fest: „Die streitige Videoüberwachung im Verkaufsraum und am Betäubungsmittelschrank unterfällt den Anforderungen des Bundesdatenschutzgesetzes. Die im Rahmen einer Videoüberwachung erstellten Bilder und Aufnahmen stellen personenbezogene Daten dar. Unerheblich ist insoweit, dass regelmäßig nur ein geringer Prozentsatz der so gewonnenen Aufnahmen zur tatsächlichen Identifizierung von Personen genutzt wird. Ausreichend für die Anwendbarkeit des Gesetzes ist es, dass, wie hier, der Zweck der Videoüberwachung ist, die auf den Aufzeichnungen festgehaltenen Personen zu identifizieren, wenn die verantwortliche Stelle (der Kläger) dies für erforderlich hält… Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten sind nur zulässig, soweit das Bundesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat, § 4 Abs. 1 BDSG. Hinsichtlich aller Kameras im Verkaufsraum fehlt es an einer Einwilligung der Betroffenen, der Kunden. Vom Vorliegen einer Einwilligungserklärung kann nicht schon dann ausgegangen werden, wenn die betroffenen Personen aufgrund eines Hinweises von der Videoüberwachung Kenntnis haben. Aus der Tatsache, dass der Kläger (mittlerweile) auf die in dem Verkaufsraum stattfindende Videoüberwachung durch Beschilderung an den Eingangstüren zur Apotheke hinweist, kann keine konkludente Einwilligung der Kunden, die dennoch und damit in Kenntnis der Videoüberwachung die Verkaufsräume der Apotheke betreten, abgeleitet werden…“

Sollte diese Entscheidung Schule machen, hätten Kundinnen und Kunden in tausenden von Cafes, Geschäften und Restaurants bessere Chancen, sich gegen die überhand nehmende Videoüberwachung in zu wehren.

IMG_apotheke0001Videoüberwachung an der Außenseite einer Apotheke in der Hanauer Landstraße 4 in Frankfurt

Verschwiegen werden soll nicht, dass das Verwaltungsgericht Saarlouis in Bezug auf Arbeitnehmerdatenschutz etwas blauäugig argumentiert. Es hat in seiner Urteilsbegründung festgestellt, dass eine individuelle und informierte Einwilligung eines Arbeitnehmers dazu geeignet sein kann, eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz zu rechtfertigen. Das Gericht hat dabei bedauerlicher Weise übersehen, dass es im Arbeitsverhältnis nur formal ein Gleichgewicht, tatsächlich aber ein strukturelles Ungleichgewicht beider Vertragspartner gibt. Besonders deutlich wird dies in Kleinbetrieben – dazu dürften auch viele Apotheken zählen – da das Kündigungsschutzgesetz in Kleinbetrieben keine oder nur eingeschränkte Anwendung findet. Dadurch ist es in diesen Betrieben leicht möglich, die Einwilligung von Beschäftigten zur Videoüberwachung durch mehr oder weniger sanften Druck „herzustellen“.

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