Jobcenter Offenbach: Dr. M. Schulze-Boeing und die Personalausweiskopien – eine endlose Geschichte?
Nach der Frankfurter Rundschau hat auch die Offenbach Post vom 22.03.2017 dieses Thema noch einmal aufgegriffen und festgestellt: „Die Hartz-IV-Behörde Mainarbeit muss möglicherweise ihre Praxis überdenken, Ausweispapiere von Kunden zu fotokopieren oder einzuscannen“.
Der Leiter des Jobcenters der Stadt Offenbach sieht das nach wie vor anders. Die Offenbach Post zitiert ihn mit der Aussage: „Mainarbeits-Chef Matthias Schulze-Böing weist dagegen darauf hin, dass das Hessische Sozialministerium als Fach- und Rechtsaufsicht die bisherige Praxis ausdrücklich als ‚nicht zu beanstanden‘ bezeichnet habe.“ Verwunderlich! – wenn man die Praxis der MainArbeit mit der Arbeitsanweisung der Bundesagentur für Arbeit (BA) für die Jobcenter in gemeinsamer Trägerschaft von BA und jeweiliger Kommune über den Umgang mit Personalausweisen / Pässen vergleicht.
Die BA und die Jobcenter in gemeinsamer Trägerschaft von BA und jeweiliger Kommune unterliegen als Behörden nach Bundesrecht dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes und haben – manche nicht ganz freiwillig – ihre entsprechenden Arbeitsanweisungen im Internet für alle Interessierten veröffentlicht. Vier Beispiele:
Arbeitsanweisung der Bundesagentur für Arbeit für die Aktenführung (dort auf S. 9):
Jobcenter Berlin Marzahn-Hellersdorf:
Jobcenter Bielefeld (dort auf S. 21):
Jobcenter Landkreis Südwestpfalz:
In allen vier Dokumenten ist es nachlesbar: Das Kopieren von Personalausweisen ist nicht zulässig und aus datenschutzrechtlichen Gründen verboten!
Dem interessierten Leser stellen sich Fragen:
- Gilt für die MainArbeit im Umgang mit dem Kopieren von Personalausweisen und Pässen Offenbacher oder Hessisches Landrecht?
- Hat Herr Dr. Schulze-Boeing für sein abweichendes Verwaltungshandeln tatsächlich die Absolution des Hessischen Sozialministers Stefan Grüttner erhalten?
- Und wenn Ja: Auf welcher Rechtsgrundlage kommt der Hessische Sozialminister zu einer anderen Bewertung als die Bundesagentur für Arbeit?
Ohne Informationsfreiheitsgesetz keine Transparenz des Verwaltungshandelns!
In Hessen gibt es (im Unterschied zum Bund und zu 12 anderen Bundesländern) kein Informationsfreiheitsgesetz; in der Stadt Offenbach keine Informationsfreiheitssatzung. Das Jobcenter MainArbeit der Stadt Offenbach ist ein Jobcenter in alleiniger kommunaler Trägerschaft durch die Stadt Offenbach; daher gilt hier nicht das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes. Diese Umstände machen es schwierig zu überprüfen, auf welcher Rechtsgrundlage Verwaltungshandeln in Hessen beruht.
Und Dr. Schulze-Boeing verhält sich so, als hätte er vor seinem Studium Maurer gelernt. Zumindest bemüht er sich, hohe Mauern um die MainArbeit zu ziehen, damit die <KundInnen> des Jobcenters, Offenbacher Stadtverordnete oder interessierte BürgerInnen keinen Einblick in die Praxis des Verwaltungshandelns in seinem Herrschaftsbereich nehmen können.
Bedauerlicherweise haben CDU und Grüne am 22.03.2017 im Hessischen Landtag einen Gesetzentwurf für ein Hessisches Informationsfreiheitsgesetz abgelehnt. Ein obrigkeitsstaatliches Verhalten, das nicht ins 21. Jahrhundert passt und den <mündigen Bürger> in Hessen weiter in Unmündigkeit hält.
Auf einer Anwaltsseite im Internet habe ich einen umfassenden Überblick gefunden, wer was mit dem Personalausweis anstellen darf. Der Beitrag hat den Titel
Der Personalausweis: Informationen zur Rechtslage rund um den Personalausweis
Was sind Ihre Rechte und Pflichten hinsichtlich des Personalausweises?
Hier zum Nachlesen:
https://www.anwaltsregister.de/Fachbeitraege/Der_Personalausweis_Informationen_zur_Rechtslage_rund_um_den_Personalausweis.d1907.html