Ist Datenschutz = Täterschutz?
Mit dieser Thematik setzt sich Michael Lohmann in einem lesenswerten Beitrag auf Telepolis auseinander. Er leitet ein mit der Feststellung: „Ziel dieses Artikels ist eine Kritik der Phrase ‚Datenschutz darf kein Täterschutz sein‘. Dazu sollen die rhetorischen Tricks aufgedeckt werden, auf denen ihre Wirkung beruht… Tatsächlich ist es auf dem ersten Blick nicht so einfach, diese Phrase zu kritisieren. Zwar spürt man die Perfidie der Verknüpfung von ‚Datenschutz‘ und ‚Täterschutz‘. Aber gleichzeitig gerät man als Kritiker der Überwachung unter Rechtfertigungsdruck. Dass Straftäter zur Verantwortung gezogen werden sollen, ist breiter gesellschaftlicher Konsens… Dem Überwachungskritiker wird folgerichtig vorgeworfen, ungewollt dafür zu sorgen, dass Täter ungeschoren davonkommen. Sobald der Kritiker selber die Strafverfolgung grundsätzlich für richtig hält, gerät er außerdem ins Zweifeln. Das bindet seine Energie. Gleichzeitig können die Verfechter der Überwachung erfolgreich vorgeben, nur das zu fordern, was nach ‚gesundem Menschenverstand‘ ohnehin notwendig sei…“
Der Autor setzt sich mit Äußerungen auseinander, die die Phrase „Datenschutz = Täterschutz“ varieren. Einige Beispiele:
- „Bei Kapitalverbrechen muss gelten: Opferschutz vor Datenschutz!“ (Horst Seehofer, CSU)
- „Und wo immer wir Strafen verschärfen müssen, werden wir das tun, wenn es geboten ist, um den Opfern zu helfen und Opfer vor Straftaten zu schützen. Damit es möglichst gar keine Opfer gibt.“ (Angela Merkel, CDU)
- „Datenschutz darf kein Täterschutz sein!“ (Entschließung der Konferenz der Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU zum Thema Innere Sicherheit)
- „Mautdaten für Fahndungs- und Ermittlungszwecke nutzen – Opferschutz muss vor Datenschutz gehen und hat mit ‚Ausspähen‘ nichts zu tun!“ (Bund Deutscher Kriminalbeamter – BDK)
Michael Lohmann stellt dazu fest: „Datenschutz ist nicht prinzipiell ‚Täterschutz‘, denn nach gegenwärtiger Gesetzeslage ist Strafverfolgung immer möglich. Die Polizei hat immer eine Reihe von Befugnissen zur Ermittlung von Informationen und zum Zugriff auf Verdächtige. Ein Großteil der Polizeibefugnisse wird durch Datenschutzvorschriften kaum oder gar nicht berührt. Das dürfte kaum ein Innenpolitiker ernsthaft bestreiten…“
Der Beitrag kommt zum Ergebnis: „Die Sicherheit der Bürger ist natürlich dennoch ein wichtiges Staatsziel. Allerdings kommt es zu einem Zielkonflikt, wenn man behauptet, dass Sicherheit nur durch Einschränkungen der Freiheit zu gewinnen sei. Genau das ist aber die Botschaft der Datenschutz-Täterschutz-Phrase: Man müsse den Datenschutz zugunsten einer effektiveren Strafverfolgung zurückfahren. Dann aber muss die Zielkonkurrenz auch angesprochen und diskutiert werden, denn diese Konkurrenz erzwingt eine Abwägung zwischen beiden Zielen. Abwägung heißt, eine Lösung zu finden, die beiden Zielen weitgehend gerecht werden kann. Das erfordert Differenzierung… Entsprechend können Sicherheitsmaßnahmen, die den Datenschutz berühren, nie ohne den Bezug auf die Freiheitsrechte diskutiert werden…“
Exkurs:
In Frankfurt findet aktuell eine Ausstellung mit sehr umfangreichen Rahmenprogramm statt: die-grauen-busse-frankfurt.de .
Es geht um die im Rahmen der „Euthanasie“ ermordeten Menschen in der NS-Zeit.
Ca. 70.000 Namen Ermordeter sind bekannt.
Die Liste der Opfer wird nicht veröffentlicht!
Ich muss nur 100 Meter gehen und stolpere schon über Namen von in Konzentrationslagern ermordeten auf den Stolpersteinen. Aber die von der „Euthanasie“ ermordeten dürfen nicht genannt werden.
Gedenken ist so nicht möglich und die Stigmatisierung bleibt.