Frankfurt Bahnhofsviertel: Hausprojekt NiKa reicht Klage gegen KI-gestützte Videoüberwachung ein
Am 10.07.2025 hat das Hausprojekt NiKa im Frankfurter Bahnhofsviertel an der Ecke Karlstraße-Niddastraße, Klage gegen das Land Hessen aufgrund der KI-gestützten Kameraüberwachung am Karlsplatz eingereicht. In einer Pressemitteilung vom 23.07.2025 wird dazu informiert:
„Die Klage führt eine Bewohnerin stellvertretend für das gesamte Hausprojekt. Eine der zahlreichen, im ganzen Viertel aufgestellten Videokameras erfasst auch Teilbereiche unseres Hauses. Unsere Eingangstür sowie der Eingang der Beratungsstelle Roma e.V. wird seither dauerhaft gefilmt. Von der Videoüberwachung im Bahnhofsviertel ist auch die Beratungsstelle Dona Carmen betroffen, die sich mit Unterstützung der Datenschützer Rhein-Main am 28. Juni bereits mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit gewandt hat.
Mit der Klage stehen wir zum einen für unsere Persönlichkeitsrechte ein. Als Bewohner*innen wollen wir nicht, dass unsere Haustür, unsere Wege sowie unser Besuch 24/7 filmisch erfasst werden. Zum anderen wollen wir uns mit dieser Klage aber auch gegen die zunehmende Überwachung des Bahnhofviertels insgesamt zur Wehr setzen. Denn unser Viertel ist seit letztem Jahr ein ‚Versuchslabor‘ für KI-gestützte Kameraüberwachung geworden: Nach der EM und dem ‚7-Punkte-Plan‘ von Boris Rhein wurden nach und nach immer mehr Kameras im Bahnhofsviertel platziert – nun gibt es hier kaum Wege mehr, auf denen man nicht kontinuierlich von einer oder mehreren Kameras erfasst wird. Angeblich um ‚Sicherheit zu schaffen‘ oder mit KI-Gesichtserkennung ‚gezielt‘ Personen zu suchen.
Empirisch gesehen ist der Einfluss von Videoüberwachungsmaßnahmen allerdings umstritten, eine kriminalpräventive Wirkung lässt sich nicht zweifelsfrei nachweisen. Einige Studien konnten sogar feststellen, dass keine kriminalitätsreduzierenden Effekte durch Kameraüberwachung eingetreten sind. Es ist unzweifelhaft, dass das Bahnhofsviertel mit zahlreichen Problemen zu kämpfen hat. Diese werden allerdings nicht durch Repression, Videoüberwachung oder den vermehrten Einsatz von Racial Profiling gelöst. Rassistische Zuschreibungen durch polizeiliche Maßnahmen und Befugnisse sind für viele Bewohner*innen und Besucher*innen des Viertels bereits Alltag. Auch an dieser Stelle belegen zahlreiche Studien, dass die in KI genutzten Algorithmen eben nicht neutral sind, sondern Rassismus und Sozialchauvinismus reproduzieren.
Aus den genannten Gründen halten wir massive Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte aller Menschen im Bahnhofsviertel für völlig unverhältnismäßig. Sie lösen die Probleme in unserem Viertel nicht, sondern verschärfen sie.“
Weitere aktuelle Informationen zu Entwicklungen im Frankfurter Bahnhofsviertel rund um die Themen Videoüberwachung, Waffenverbotszone, soziale Problemlagen und Sicherheit der dort lebenden und arbeitenden Menschen finden Sie hier:
- KI-gestützte Videoüberwachung im Frankfurter Bahnhofsviertel – ein Fall für den Hessischen Datenschutzbeauftragten (Beitrag vom 30.06.2025)
- Bahnhofsviertel Frankfurt: Experimentierfeld für „law and order“ und den Ausbau der Videoüberwachung? (Beitrag vom 18.03.2025)
- Pilotprojekt Videoüberwachung mit Gesichtserkennung im Frankfurter Bahnhofsviertel – oder: Treffen sich George Orwell und Franz Kafka am Hauptbahnhof (Beitrag vom 03.03.2025)
- Stellungnahme des Magistrats zur Sicherheit im Frankfurter Bahnhofsviertel: Klarheit und Wahrheit sieht anders aus! (Beitrag vom 06.01.2025)
- Videoüberwachung und Waffenverbotszone im Frankfurter Bahnhofsviertel – eine polizeiliche „Erfolgs“-Erzählung mit blinden Flecken (Beitrag vom 11.07.2024)
Ein sehr löbliches Unterfangen bei dem man auch die Lage in Großbritannien angeben sollte. Das am dichtesten videoüberwachte Land der Welt nutzt auch flächendeckend die permanente Gesichtserkennung von Passanten unter einer nicht etwa fallenden-, sondern stetig steigenden Zahl von Gewalt und Eigentumsverbrechen. So verüben Banden dort etwa am hellichten Tag in viel frequentierten Fußgängerzonen Fahrrad- und Motorraddiebstähle bei denen Waffen und elektronische Diamantschleifer zum Einsatz kommen.
Was mir jedoch in diesem und anderen Arikeln fehlt ist der Bezug zur gesamtheitlichen Gesellschaftsbild. Es erscheint so als ob die beschriebenen Events nur auf einem lokal-performativen Level ein Problem darstellen. Jedoch sind diese nur einzelne Steine im Mauerwerk der menschlichen Gesellschaft.
Mittlerweile sollte jedem klar sein wohin die Reise hin geht und dass mit der gesetzlichen Akzeptanz von Kameras (und hiermit ist das Grundparadigma des Geräts selbst gemeint) in der menschlichen Gesellschaft und dem Überordnen von vermeintlichen gesellschaftlichen Interessen über das Freiheitsrecht des Indiviuums der Grundstein für den Untergang der westlichen Freiheit gelegt wurde.
Die Ausbreitung der Kameras oder die Addition von technischen Mitteln wie die Erkennung von Gesichtern, Kleidung, Nummernschildern etc. oder die Auswerung von Bewegungsmustern sind hierbei zu vernachlässigen. Einen Diskurs über diese Faktoren zu führen bedeutet nämlich dass jegliche Form von Freiheit bereits vor langer Zeit verloren wurde. Die technologischen Möglichkeiten können (und werden) ins Unendliche extrapoliert, jedoch wäre all dies niemals möglich gewesen wenn man damals vor langer Zeit das Grundprinzip von Kameras in der menschlichen Gesellschaft verbannt hätte.
Es sollte hierbei niemals vergessen werden dass es bereits seit sehr langer Zeit möglich gewesen wäre diese Technik zu nutzen, jedoch war es (zumindest in der westlichen Welt) ein undenkbarer Konflikt mit den Grundwerten von Menschlichkeit und Freiheit. In den 70er, 80er und 90er Jahren war das Anbringen von Kameras nicht mal in Hochsicherheitsgefängnissen gestattet, da selbst dort das Grundrecht der Insassen sich frei zu bewegen über dem Interesse der Obrigkeit lag. Heute wird man beim einfachen Gang zum Briefkasten oder dem Brötchen holen von Duzenden von Kameras gefilmt, welche über ein weltweites Netzwerk miteinander verbunden sind. Die Addition von künstlicher Intelligenz ist hierbei nur Mittel zum Zweck der Vernetzung und Auswertung der dabei generierten Daten. Damit soll verdeutlicht werden dass es ohnehin so gekommen wäre, und auch noch viel schlimmer werden wird. Nur ein prinzipielles Verbot von Kameras kann diese Probleme lösen.
Natürlich ist das nunmehr undekbar, denn die bewusstlose Masse hat einen Punkt erreicht an dem jede Erinnerung an Freiheitswerte nur noch prostetisch- und jede Form von Sozialgefüge apathetisch geworden sind. Die Masse nimmt solche gesellschaftlichen Änderungen gar nicht mehr wahr, was sehr deutlich in der „Pandemie“ klar wurde, als Gleichschaltung und Herdenverhalten in Perfektion präsentiert wurden.
Den wenigen „Überlebenden“ (also denen die noch ihre Menschlichkeit bewahrt haben und die Realität Ihrer Lebenswelt wahrnehmen können) wird der unliebsame Beschluss immer klarer: Die Menschheit muss gespalten werden. Es muss ein Bruch stattfinden zwischen Menschen deren Geist bereits vollständig synthetisiert ist und denen die noch in den kommenden Generationen Mensch sein wollen. In den großen Städten wie Frankfurt ist das bereits seit langer Zeit nicht mehr möglich. Es bleibt nur der Rückzug auf das Land um dort Kommunen und neue Existenzen bilden zu können, zumindest so lange bis man auch von dort entweder zwangsdigitalisiert- oder zwangsentfernt wird.
Man kann selbstverständlich nicht von Verbänden wie dem DDRM erwarten solche monumentalen Unterfangen in die Wege zu leiten, jedoch würde ich mir wünschen dass die Berichterstattung etwas positiv-konstruktiver wird. Die Problematik ist uns allen bekannt. Was benötigt wird sind Berichte über mögliche Lösungsansätze. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Verzeichnis von Lebensmittelgeschäften wo man nicht überwacht wird? Ich habe mich letztens mit dem Besitzer einer Apotheke darüber unterhalten warum er bewusst keine Videoüberwachung einsetzt. Sie sind zwar selten geworden, aber es gibt noch Plätze an denen man der Überwachung entgehen kann und es gibt bestimmt viele Menschen die danach suchen. Warum nicht einmal die Besitzer von solchen Ladengeschäften interwieven und deren Standpunkt vermitteln? Vielleicht ermutigt das ja auch andere Leute sich diesem Ethos anzuschließen?
Es wäre auch sehr gut immer wieder darauf hinzuweisen wo Menschen sich hinwenden können wenn sie rechtliche Hilfe gegen Überwachung in ihrem Lebensraum suchen, denn den meisten Menschen ist es heutzutage gar nicht bewusst dass der Nachbar sie nicht beim morgendlichen Verlassen des Hauses erfassen darf, oder dass der Vermieter jeden Besuch verzeichnet. Vielleicht gibt es auch KFZ-Werkstätten im Rhein-Main Gebiet wo man sich das telemetrische Tracking aus dem eigenen Auto entfernen lassen kann? Das ist vollkommen legal und wäre bestimmt interessant für viele Menschen, jedoch fehlt es an Informationen.
Es muss viel mehr lösungsorientiert berichtet werden. Erfolgsgeschichten, Auswege, Möglichkeiten.