eXit auch für Frankfurt: Ausstieg aus dem städtischen X-(ehemals: Twitter-)Account
Das fordert die Fraktion Die Linke in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung Antrag vom 13.02.2025 (NR 1127). Darin werden drei Punkte benannt:
- „Die Stadtverordnetenversammlung fordert den Magistrat auf, sämtliche Aktivitäten der Stadt Frankfurt auf der Plattform X (ehemals Twitter) umgehend einzustellen und den stadteigenen X-Account stillzulegen. Der Rückzug ist Folge der fehlenden Vereinbarkeit der aktuellen Ausrichtung der Plattform mit den Grundwerten der Stadt Frankfurt: Weltoffenheit, Vielfalt, Transparenz und demokratischer Diskurs.
- Der Magistrat wird gebeten, seine Aktivitäten auf alternativen Kommunikationsplattformen wie Mastodon und Bluesky auszubauen.
- Der Magistrat wird aufgefordert, die Entwicklung weiterer von der Stadt genutzten Social-Media-Plattformen und ihrer Algorithmen kritisch zu beobachten.“
In der Begründung erklärt die Fraktion u. a.:
„Seit der Übernahme der ehemaligen Plattform Twitter durch den Multimilliardär Elon Musk hat sich der Kurznachrichtendienst X zu einer Plattform für die Verbreitung rechtsextremistischer Positionen, von Demokratiefeindlichkeit und Desinformation entwickelt. Diese Veränderung der Social-Media-Plattform macht eine weitere Nutzung für die Stadt unvertretbar. Die Stadt Hanau hat konsequent bereits Ende November 2023 ihren X-Account gelöscht… Am 18. Juni, dem Internationalen Tag gegen Hate Speech, deaktivierten 47 deutsche Organisationen wie Ärzte der Welt, Bioland, Changing Cities, Fairtrade Deutschland, Germanwatch, die Kindernothilfe und Terre des Hommes ihren Account bei X. Jetzt haben auch andere Kommunen und mehr als 60 Hochschulen und Forschungsinstitute deutschlandweit ihre Accounts auf der Plattform X stillgelegt.
Kurz zuvor hatten schon die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sowie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) den Nachrichtendienst verlassen. Beide Arbeitnehmer*innenorganisationen kritisierten die Plattform als ‚Forum für die Verbreitung von rechtsextremistischen Positionen, von Hass und Hetze, von Demokratiefeindlichkeit und Desinformation‘. Es werde immer offensichtlicher, dass die Algorithmen der Plattform ‚demokratiefeindliche Narrative bevorzugt behandeln‘. Die aktuelle Ausrichtung der Plattform sei nicht vereinbar mit den Grundwerten der beteiligten Institutionen wie Weltoffenheit, Transparenz und demokratischer Diskurs.
Auch die unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung hat sich zur Präsenz staatlicher Stellen im sozialen Netzwerk X des US-Milliardärs Elon Musk geäußert: Vor dem Hintergrund des Grundgesetzes oder ‚unseren Ansprüchen an die Demokratie‘, könne man ‚nicht mit gutem Gewissen auf dieser Plattform weiter als staatliche Stelle präsent sein‘. Dort würden Algorithmen rechtsextreme Äußerungen befeuern und unterstützt…
Frankfurt hängt derweil immer noch an X… Auch in Anerkennung der langen Präsenz auf X (seit 2009), der hohe Follower*innenzahl und der Empfehlung des Presse- und Informationsamts, auf X zu verbleiben – Frankfurt muss als fünftgrößte Stadt Deutschlands Verantwortung übernehmen. Frankfurt muss sich einsetzen für demokratisch kontrollierte, am Gemeinwohl orientierte Alternativen, die der Gesellschaft dienen, ethischen Standards folgen, transparent und gemeinnützig sind, die nicht von Konzerninteressen oder rechten Ideologien gesteuert werden…“
Recht haben sie, die Linken!
Aber nicht nur der städtische X-(ehemals: Twitter-)Account gehört auf den Prüfstand mit dem Ziel, ihn stillzulegen. Das gleiche gilt auch für andere – unter Kontrolle von großen Konzernen stehende – Auftritte in den (a)sozialen Medien.
Die Nutzung von Facebook, Twitter. WhatsApp und anderen (a)sozialen Medien durch öffentliche Stellen war bereits Gegenstand des Tätigkeitsberichts des behördlichen Datenschutzbeauftragten der Stadt Frankfurt für die Jahre 2017/18. Im Abschnitt „6. Datenschutz im Internet und sozialen Medien“ wird u. a. festgestellt:
„Die Stadtverwaltung Frankfurt ist – sowohl als Stadtverwaltung in Gänze, als auch in Form einzelner Ämter – mit eigenen Auftritten auf Facebook und Twitter vertreten.Diese Dienste sind insofern kritisch zu betrachten, als es sich hierbei ausschließlich um auf Gewinnerzielung ausgerichtete Wirtschaftsunternehmen handelt. .. Die Gewinne werden dabei ausschließlich durch die Nutzung und Weiterveräußerung der Nutzerdaten erzielt. Dem steht jedoch der Wunsch der Stadtverwaltung und vieler Bürgerinnen und Bürger gegenüber, Informationen über möglichst breit gefächerte Kommunikations-Kanäle an die Bürgerinnen und Bürger zu übermitteln. Gerade im Bereich der Gefahrenabwehr ist dies durch die Twitter-Kanäle der Feuerwehr oder der Polizei von besonderer Bedeutung.
Um hier nun einen Kompromiss zwischen dem Kommunikationsbedürfnis auf der einen Seite und der Gewährleistung des Datenschutzes auf der anderen Seite zu gewährleisten, ist die Nutzung sozialer Medien zur Informationsvermittlung oder zum Absetzen von Warnmeldungen an einen möglichst großen Empfängerkreis datenschutzrechtlich nicht per se zu beanstanden. Die Nutzung sozialer Medien für die interaktive Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern ist hingegen datenschutzrechtlich problematisch, da es hier oftmals an den erforderlichen Rechtsgrundlagen fehlt und Daten somit auch an die sozialen Medien, die ihren Sitz regelmäßig auch noch in datenschutzrechtlich unsicheren Drittländern (wie bspw. den USA) haben, übermittelt würden…“.
Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hat in inhaltlich gleichlautenden Schreiben vom 08.05.2019 an die Oberbürgermeister, die behördlichen Datenschutzbeauftragten und die Fraktionen in den Stadtparlamenten von Darmstadt, Frankfurt, Offenbach und Wiesbaden: Facebook-Auftritt abschalten! Dem haben die Oberbürgermeister der Städte Darmstadt und Wiesbaden mit wenig überzeugenden Antworten widersprochen. Aus Frankfurt und Offenbach liegen der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main bis keine inhaltlichen Stellungnahmen zu dieser Forderung vor.
Wieso soll Zensur gut sein?
Ich meine, wieso sollen die asozialen Medien überhaupt gut sein, ist sowieso eine ernstgemeinte Frage.
Was Musk gemacht hat mit Twitter, ist schlicht, dass er die dort brutal durchgesetzte Zensur aufgeweicht hat. Mehr hat er nicht geändet – und aufgehoben hat er sie auch nicht.