Corona – Herausforderung auch für den Datenschutz (Mitschnitt einer Veranstaltung am 9. November im Club Voltaire Frankfurt)
Themen der Veranstaltung waren
- die Gästelisten in Cafés und Restaurants;
- die Corona-Warn-App, ihr Nutzen und ihre Grenzen;
- die unterschiedlichen Online-Plattformen für Konferenz-Software, ihr Nutzen für die Kommunikation unter Corona-Bedingungen, aber auch ihre Grenzen und datenschutzrechtlichen Probleme;
- darüber hinaus aber auch die Corona-bedingte politische „Großwetterlage“ und die Bewertung der unterschiedlich handelnden Akteure (Bundes- und Landesregierungen, gesellschaftliche Organisationen, Oppositionsparteien, „Querdenker“ etc.).
Als Referenten eingeladen waren Axel Stolzenwaldt
(Foto: Axel Stolzenwaldt)
und Roland Schäfer (rechts im Bild), Moderation: Uli Breuer (links im Bild).
(Foto: Maxim Graubner)
Axel Stolzenwaldt informierte ausführlich über die Anbieter von Konferenzsoftware aus dem kommerziellen und den open-source-Bereich, ihre Vorzüge und ihre (technischen und datenschutzrechtlichen) Mängel. Die Schwerpunkte von Roland Schäfer waren die politischen Auseinandersetzungen um die Wahrung der Grundrechte in der Pandemie und die unmittelbaren alltäglichen datenschutzrechtlichen Probleme im Umgang mit Corona (Gästelisten, Warn-App). Insbesondere zum Wert und zu den Gefahren der Nutzung der Corona-Warn-App wurde umfangreich und kontrovers diskutiert.
Die Veranstaltung kann hier in voller Länge (1:13:16 Std.) verfolgt werden.
Veranstalter der Diskussion waren
- der Club Voltaire Frankfurt, der Information und Aufklärung als Voraussetzung für Emanzipation und Veränderung ansieht, Räume für alternative Kunst und Kultur anbietet und ein Ort für Gegenöffentlichkeit ist
- und die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main.
Im Rahmen der Veranstaltung wurde eine Stellungnahme zu tagesaktuellen Auseinandersetzungen abgegeben:
„Wir möchten uns hier und heute – am 82. Jahrestag der Pogromnacht vom 9. November 1938 – mit allen Gedenkveranstaltungen, insbes. dem Livestream der Jüdischen Gemeine Frankfurt mit den Ansprachen ihres Vorstandsvorsitzenden Salomon Korn sowie des Frankfurter Oberbürgermeisters Peter Feldmann solidarisieren.
Mit großer Bestürzung nehmen wir zugleich zur Kenntnis, dass die Stadt Dresden das offizielle Gedenken an die Pogromnacht als Liveveranstaltung wegen der Corona-Pandemie abgesagt hat, aber ‚Pegida‘ und Nazis erneut auf einem der zentralen Plätze der Stadt aufmarschieren lässt.
‚Was hat das alles mit Datenschutz zu tun?‘ mögen jetzt manche fragen.
- Volkszählungen in den Jahren 1925 und 1933 mit Abfrage der Herkunft und der Religionszugehörigkeit haben Daten geliefert für die Feststellung der Nazis, wer jüdischer Herkunft oder Religionszugehörigkeit war. Sie waren damit wesentliche Grundlage für den Terror gegen jüdische Menschen.
- Die erste Volkszählung zur Zeit der Weimarer Republik fand 1919 statt und enthielt keine Frage zur Religionszugehörigkeit.
- Mit Artikel 136 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung wurde im selben Jahr eine verfassungsrechtliche Grundlage auch für derartige Fragen geschaffen.
- 1925 erfolgte eine kombinierte Volks-, Berufs- und Betriebszählung.
- Die nächste Volkszählung wurde am 16. Juni 1933 durchgeführt. Sie erfragte auch die Religionszugehörigkeit. Auf nachdrücklichen Wunsch des ‚Reichssippenamtes‘ wurde auch der Geburtsort ‚zwecks Untersuchung volksbiologischer Fragen‘ abgefragt. Die Auswertung aller Daten wurde 1936 abgeschlossen und zur Selektion von Juden und anderen sogenannten ‚Nichtariern‘ benutzt.
Für Datenschützer*innen sind diese Entwicklung Mahnungen, so etwas nie mehr zuzulassen und sich jedweder Art von Verstößen gegen die Würde aller in Deutschland lebenden Menschen (Art. 1 Grundgesetz) aktiv entgegen zu stellen.“