Bundesverfassungsgericht verhandelt im Januar 2020 Klage gegen das BND-Gesetz
Das Bundesverfassungsgericht wird am 14./15.01.2020 über das BND-Gesetz verhandeln. Damit rückt ein Grundsatzurteil über die Befugnisse des Geheimdienstes für dessen globale Massenüberwachung des Datenverkehrs im Internet in greifbare Nähe. Anlass für die Verhandlung ist die Verfassungsbeschwerde eines Bündnisses aus sechs Medienorganisationen, darunter Reporter ohne Grenzen (RoG) und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF).
- Darf der Bundesnachrichtendienst – so wie es die Bundesregierung derzeit veranlasst – im Ausland praktisch schrankenlos Telefongespräche abhören, Internet-Verkehr auswerten und damit die Privatsphäre von Milliarden Menschen de facto abschaffen?
- Wie können besonders gefährdete Berufsgruppen wie Journalistinnen und Journalisten vor einer solchen Massenüberwachung geschützt werden?
Fragen, über die spätestens seit den Enthüllungen des NSA-Whistleblowers Edward Snowden weltweit diskutiert wird, werden nun in Karlsruhe verhandelt.
Das erwartete Grundsatzurteil wird das erste zur BND-Überwachung seit über 20 Jahren sein. Damit äußert sich das Bundesverfassungsgericht erstmals im Lichte der durch die Digitalisierung massiv angestiegenen Überwachungsmöglichkeiten zu dem Thema. Mündliche Verhandlungen sind beim Bundesverfassungsgericht selten und werden typischerweise bei Verfahren einberufen, die aus Sicht der Richterinnen und Richter von grundsätzlicher Bedeutung sind. So fanden beispielsweise im Jahr 2018 vor dem Ersten Senat des BVerfG nur zwei mündliche Verhandlungen statt – bei über 3.000 neu eingegangenen Verfassungsbeschwerden alleine im Ersten Senat.
Über sieben Jahre, nachdem Edward Snowden ein globales System geheimdienstlicher Massenüberwachung enthüllt hat, dürfte das Bundesverfassungsgericht über die Rechtmäßigkeit der deutschen Beteiligung daran höchstrichterlich entscheiden. Im Zuge des NSA-Skandals brachte ein Untersuchungsausschuss des Bundestages nämlich ans Licht, dass der BND als Steigbügelhalter für die NSA fungierte, woraufhin die damalige Große Koalition ein neues BND-Gesetz verabschiedete. Doch anstatt dem Auslandsgeheimdienst klare Schranken zu setzen, legalisierte die Bundesregierung die praktisch flächendeckende Auslandsüberwachung einfach – trotz massiver Proteste aus der Zivilgesellschaft.
Die GFF koordinierte daraufhin ein Bündnis aus international renommierten Journalistinnen und Journalisten sowie Medienorganisationen. Gemeinsam reichten sie Ende 2017 Verfassungsbeschwerde gegen das BND-Gesetz ein.
Die Klägerinnen und Kläger fürchten unter anderem eine Aushöhlung des Quellenschutzes: Wenn Geheimdienste jede Kommunikation speichern und auswerten können, verlieren Kontaktpersonen überall auf der Welt sukzessive das Vertrauen in die Medien – im schlimmsten Fall wenden sie sich mit Missständen gar nicht mehr an die Presse. Durch die Hintertür kann der BND damit auch das deutsche Redaktionsgeheimnis aushöhlen, wenn zum Beispiel bei internationalen Großrecherchen wie den Panama-Papers nicht die deutschen Redaktionen, sondern ihre ausländischen Partnermedien abgehorcht werden.
Mehr Informationen und die Verfassungsbeschwerde, über die verhandelt werden wird finden Sie auf der Homepage der GFF.