Bundestagswahl am 26. September: Wahlprüfstein „Informationelle Selbstbestimmung“

Datenschutzrheinmain/ September 4, 2021/ alle Beiträge, Gesundheitsdatenschutz, Polizei und Geheimdienste (BRD), Telematik-Infrastruktur, Videoüberwachung, Vorratsdatenspeicherung/ 1Kommentare

Informationelle Selbstbestimmung ist ein Grundrecht aller in Deutschland lebenden Menschen, so das Bundesverfassungsgericht in seiner als Volkszählungsurteil bezeichneten Entscheidung vom 15.12.1983 (Aktenzeichen: 1 BvR 209/83). Das Bundesverfassungsgericht stellte in dieser Entscheidung fest: „Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. […] Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist. Hieraus folgt: Freie Entfaltung der Persönlichkeit setzt unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraus. Dieser Schutz ist daher von dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG umfasst. Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.“

Was Datenverarbeitung im Jahr 2021 leisten; wie tief die Nutzung personenbezogener Daten durch staatliche Instanzen und privatwirtschaftliche Interessen in Freiheitsrechte der in Deutschland lebenden Menschen eingreifen kann, das vermochten sich weder die Kläger*innen noch die Verfassungsrichter*innen 1983 vorstellen. Um so wichtiger, vor der Bundestagswahl am 26.09.2021 darauf zu blicken, wie die Parteien in Zukunft mit diesem Grundrecht umzugehen gedenken.

Der bundesweit aktive Verein Patientenrechte und Datenschutz e. V. und die in Hannover angesiedelte Bürgerrechtsgruppe freiheitsfoo haben diese Thematik in unterschiedlicher Form zum Anlass genommen für Fragen an die Parteien CDU/CSU, FDP, Grüne, Linke und SPD bzw. zur Durchsicht der Aussagen in den jeweiligen Wahlprogrammen. Mit interessanten Ergebnissen.

  • Der Verein Patientenrechte und Datenschutz e.V. hat “Wahlprüfsteine” zur Bundestagswahl im September 2021 entwickelt. Acht Themen zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens in Deutschland wurden an Parteizentralen und Kandidat*innen versandt. Die Fragestellungen beziehen sich schwerpunktmäßig auf den Themenbereich Digitalisierung des Gesundheitswesen / Telematikinfrastruktur, gehen aber auch auf andere Entwicklungen ein. Der Fragenkatalog ist hier im Wortlaut hinterlegt. Die Auskunftsfreude der Parteien und Kandidat*innen war gering; ihre Antworten teils von Worthülsen geprägt, wie einer aktuellen Veröffentlichung des Vereins zu entnehmen ist.
  • Einen anderen Weg ging die Bürgerrechtsgruppe freiheitsfoo. Sie überprüfte die Wahlprogramme der genannten Parteien auf Aussagen zu datenschutzrechtlichen Fragestellungen, z. B. Videoüberwachung, Staatstrojaner, Vorratsdatenspeicherung, aber der Rolle und den Kompetenzen, die die Parteien Polizei und Geheimdiensten in Deutschland zubilligen. Freiheitsfoo stellt fest, dass sich CDU und CSU klar zum Ausbau des Überwachungsstaats bekennen. Bei den anderen Parteien stellen sie fest, dass häufig Worthülsen verwendet werden, die unterschiedlichste Interpretationen zulassen oder dass gar regelrechte Nebelkerzen gezündet werden, um Positionen undurchsichtig zu machen. In einer zusammenfassenden Bewertung kommt freiheitsfoo zum Ergebnis: Wenn sich die zum Teil sehr umfangreichen und ausschweifend formulierten (und damit schlecht lesbaren und gehaltsarmen) Wahlprogramme nicht zu einem Thema äußern, so kann das bedeuten, dass den Verantwortlichen in der Partei das Thema nicht so wichtig war. Oder: Dass man sich hinsichtlich etwaigen späteren Regierungshandelns alle Optionen offen halten möchte!“

1 Kommentar

  1. #Zukunftsteam pro Datenschutz, kontra Startup-Snakeoil … oder wie nochmal?
    Rolling on the floor laughing
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    Friedrich Merz
    @_FriedrichMerz
    · Apr 10
    Inzwischen sind fast alle Grundrechte eingeschränkt worden.
    Nur der #Datenschutz ist die heilige Kuh und offenbar sogar wichtiger als Gesundheitsschutz, dem alles andere untergeordnet wird.
    Die Bevölkerung ist da längst viel weiter, sie nutzt zum Beispiel die #LucaApp. ™
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    https://twitter.com/mame82/status/1433816980776263680

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