Bundesgerichtshof entscheidet gegen BILD: Veröffentlichung von Bildern, die eine nicht prominente Person identifizierbar zeigen, sind ohne deren Zustimmung nicht zulässig

Datenschutzrheinmain/ Juni 16, 2015/ alle Beiträge, Beschäftigten- / Sozial- / Verbraucherdaten-Datenschutz, Verbraucherdatenschutz/ 0 comments

Die Vorgeschichte:
Die Print-Ausgabe der BILD berichtete im Mai 2012 über einen Raubüberfall auf einen Profifußballer in El Arenal, Mallorca („Am Ballermann“). Darin hieß es u.a.: „Sonne, Strand, Strauchdiebe. Gestern sahen wir … – Star A. (25) in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann. Jetzt wurde er Opfer einer Straftat.“ Diesem Artikel war ein Foto beigefügt, das im Vordergrund A. am Strand von El Arenal zeigt. Im Hintergrund sind mehrere Personen auf Strandliegen zu sehen. Am rechten Bildrand, auf der Liege unmittelbar hinter A., die Klägerin gegen BILD. Der Beitrag war auch in der online-Ausgabe von BILD über mehrere Wochen veröffentlicht. Die Klägerin nahm die Veröffentlichung des Fotos zum Anlass, die Zeitung auf Unterlassung der Veröffentlichung und auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung zu verklagen.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Zweitinstanzlich konnte sich die Klägerin nur teilweise durchsetzen. Sie rief den Bundesgerichtshof an.

Das Urteil:
Der Bundesgerichtshof stellte mit Urteil vom 21.04.2015 (Aktenzeichen VI ZR 245/14) fest:
„… Die nicht von der Einwilligung des Abgebildeten gedeckte Verbreitung seines Bildes ist nur zulässig, wenn dieses Bild dem Bereich der Zeitgeschichte oder einem der weiteren Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 1 KUG positiv zuzuordnen ist und berechtigte Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden…

Dabei ist schon bei der Beurteilung, ob ein Bild dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist, eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten… einerseits und den Rechten der Presse… andererseits vorzunehmen… hat die Klägerin in die Veröffentlichung der Fotos nicht eingewilligt… Das Foto ist auch nicht dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) zuzuordnen. Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens… Der Begriff des Zeitgeschehens darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historischpolitischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt… Die veröffentlichten Bilder zeigen die Klägerin in einer erkennbar privaten Situation, die in keinem Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis steht… [Den Einlassungen der BILD-Redaktion] ist weiter nicht darin zu folgen, dass im Hinblick auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einem Bericht über ein zeitgeschichtliches Ereignis die Interessen von unbekannten Personen, die zufällig mit abgebildet werden, stets zurücktreten müssen. Vielmehr ist auch in solchen Fällen grundsätzlich eine Interessenabwägung erforderlich, bei der insbesondere der Informationswert für die Öffentlichkeit, die berechtigten Erwartungen des Betroffenen und die Möglichkeiten einer das Persönlichkeitsrecht wahrenden Modifikation des Fotos zu berücksichtigen sind… Das Berufungsgericht hat auch zutreffend die Unkenntlichmachung der Klägerin durch Verpixelung oder Augenbalken für möglich und den Beklagten zumutbar erachtet…“

Die Zahlung einer Entschädigung an die Klägerin für die Veröffentlichung des Fotos hat der Bundesgerichtshof abgelehnt.

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