Bundesarbeitsgericht bestätigt Kündigung eines Busfahrers, der sich nicht ständig überwachen lassen wollte

Datenschutzrheinmain/ Februar 25, 2017/ alle Beiträge, Beschäftigtendatenschutz/ 0Kommentare

Die Bogestra AG, ein kommunaler Nahverkehrsbetrieb im Ruhrgebiet, lies in all ihren Bussen ein System einbauen, dass dem Spritsparen dienen soll, zugleich aber eine engmaschige Überwachung der FahrerInnen erlaubt. Ein Busfahrer wehrte sich gegen die engmaschige Überwachung und wurde deshalb vom Unternehmen gekündigt.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 17.11.2016 (Aktenzeichen 2 AZR 730/15) die Kündigung bestätigt.

Das erstinstanzlich zuständige Arbeitsgericht Bochum hatte mit Urteil vom 27.05.2015 (Aktenzeichen 5 Ca 24/15) festgestellt: „…hält die Betriebsvereinbarung über den Einsatz von MIX RIBAS einer Rechtmäßigkeitsprüfung nicht stand… Die Regelung in der Betriebsvereinbarung, auch diejenigen Fahrer, die nicht am Prämiensystem teilnehmen, fortlaufend zu überwachen, ist nicht erforderlich… Darüber hinaus ist der Umstand, dass Daten über die Leistung der Mitarbeiter erfasst werden und nach der Betriebsvereinbarung ohne zeitliche Begrenzung gespeichert werden, ebenfalls nicht erforderlich…“

Dieser Rechtsauffassung schloss sich das BAG bedauerlicher Weise nicht an, obwohl es feststellte: Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses ua. dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für dessen Durchführung erforderlich ist. Um personenbezogene Daten iSd. § 3 Abs. 1 BDSG handelt es sich auch bei einer zunächst anonymisierten Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung, wenn die Anonymisierung ohne unangemessenen Aufwand aufgehoben werden kann. Es genügt, wie ein Umkehrschluss aus § 3 Abs. 6 BDSG ergibt, dass die betroffene Person ohne besondere Schwierigkeiten bestimmbar ist… So liegt der Fall hier. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Anonymisierungsschutz im RIBAS-System im Grundsatz ohne großen Aufwand durch Hinzuziehung der Dienstpläne aufgehoben werden…“ (Rn. 28)

Gestützt auf eine Betriebsvereinbarung des Unternehmens mit dem Betriebsrat kam das BAG bedauerlicher Weise zum Ergebnis, dass das Interesse des Unternehmens an „einer vorausschauenden und sparsamen Fahrweise“ und das „ökologischen Interesse der Allgemeinheit“ höher zu werten sei als das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des betroffenen Busfahrers.

Das BAG stellte fest: Die Teilnahme der Busfahrer am RIBAS-System ist zur Erreichung dieser Ziele geeignet. Das Landesarbeitsgericht verweist zu Recht darauf, dass das System sowohl die Selbstkontrolle fördert als auch Erkenntnisse über einen etwaigen Schulungsbedarf aufgrund des Vergleichs von Fahrleistungen mit den durchschnittlichen Grenzwerten ermöglicht… Zur Erreichung der verfolgten Ziele ist die Teilnahme aller Busfahrer, auch die des Klägers, erforderlich. Das RIBAS-System soll Durchschnittswerte ermitteln und bei erheblichen Abweichungen einen hierdurch begründeten konkreten Schulungsbedarf identifizieren. Dafür müssen alle Busfahrer – zumindest anonymisiert – daran teilnehmen…“ (Rn. 33f.)

Dem interessierten Leser stellt sich die Frage:

Wäre das BAG-Urteil genau so ausgefallen, wenn der Betriebsrat des Unternehmens in seiner Betriebsvereinbarung mit dem Unternehmen das Recht der Arbeitnehmer auf informationelle Selbstbestimmung höher oder wenigstens gleichrangig zum ökonomischen Interesse des Unternehmens gewertet hätte?

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