„Integration Point“ darf nicht heißen „uferloser Datenaustausch“ zwischen Behörden

Schuetze/ Februar 26, 2017/ alle Beiträge, Sozialdatenschutz/ 0Kommentare

… das Jobcenter Paderborn scheint das noch anders zu sehen.

Seit einiger Zeit hat der „Integration Point“ Paderborn, bei dem das Jobcenter Paderborn in einer federführenden Rolle einer der kooperierenden Behörden ist, ein Formular zur „Einwilligung und Schweigepflichtsentbindung“ in mehreren Sprachen auf seiner Homepage veröffentlicht.

Dieses Formular wirft mehrere Fragen auf. Hier ergänzt um ein paar Anmerkungen.

Es geht nicht in erster Linie um eine Schweigepflichtsentbindung, sondern um eine Einwilligung nach den §§ 4 und 4a BDSG. [Warum eigentlich nicht nach dem § 67d (2) SGB X?]

Einbezogen in das Verfahren zum Datenaustausch sind nur Behörden. Diese haben einen >gesetzlichen< Verarbeitungsauftrag. Vornehmlich, aber nicht nur, nach dem SGB.
Daher ist eine Einwilligungserklärung nur dann erforderlich, wenn die Behörde über ihren gesetzlichen Handlungsauftrag hinaus gehen will.
Diese Informationsgrenze wird in dem Formular auch nicht annähernd be­schrieben. Insbesondere werden keine Zwecke benannt, die über den gesetz­lichen Handlungsauftrag hinaus gehen.

Auch ist der Zweck „für die Durchführung der Beratung im Integration Point” kein hinreichend bestimmter Zweck.

Auch ist der Zweck „soweit dies zur Beratung und Aufgabenerledigung not­wendig ist” ebenfalls kein hinreichten bestimmter Zwecke. Insbesondere ist die „Aufgabenerledigung” gesetzlich geregelt. Insofern greift das nachfolgend erwähnte Widerrufsrecht nicht. Damit wird hier nicht ‚informiert’, sondern es werden vielmehr Falschinformationen gestreut.

Jede Einwilligung dieser Art ist daher mangels hinreichender Information und Aufklärung rechtsunwirksam.

Der Begriff „Schweigepflichtsentbindung“ ist juristisch belegt für Berufs­geheimnis­­träger, wie Ärzte und Rechtsanwälte. Die aufgeführten Stellen, die entbunden werden sollen, sind aber ausnahmslos Behörden. Die Verwendung des Begriffs „Schweigepflichtsentbindung“ ist daher ebenfalls irrführend. Insofern Behörden – auch informationell – zusammenarbeiten müssen, ohne den Bürger/ Antragsteller einzubeziehen, bedarf es einer gesetzlichen Regelung.
Erst im Zusammenhang einer ganz konkreten Maßnahme, die ins Auge gefasst wird und für die misslicher Weise eine Rechtsgrundlage für den Datenaustausch fehlt, kann ausnahmsweise der Datenaustausch durch eine Einwilligungserklärung ersetzt werden. Diese Erklärung muss dann aber die Maßnahme und die dabei benötigten Daten genau beschreiben, um hinreichend konkret zu sein. Immerhin geht es darum, dass der Ein­willigende verstehen kann, worum es genau geht.

Alleine die Verwendung des Begriffs „Schweigepflichtsentbindung“ legt nahe, dass in die offene Liste des Formulars auch Berufsgeheimnisträger, wie Ärzte und Rechtsanwälte, eingetragen werden könnten. Erst aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass nur kooperierende Behörden hierfür infrage kommen. Daher handelt es sich auch hier lediglich um eine Einwilligungserklärung. Die Desinformation durch diese Begriffsverwirrung stellt ebenfalls die Rechtmäßigkeit der Erklärung insgesamt erheblich infrage.
Sollte gelegentlich hier tatsächlich durch einen Mitarbeiter der Behörden einmal ein Arzt oder ein Rechtsanwalt eingetragen werden, fehlt jeglicher Sachzu­sammenhang, so dass die Erklärung schon aus diesem Grunde irrführend und rechtsunwirksam wäre.

dieDatenschützer Rhein Main fordern daher das Jobcenter Paderborn auf, dieses Formular einzustampfen und eine Liste der üblichen Maßnahmen zu erstellen, die Gegenstand der Behördenzusammenarbeit im „Integration Point“ Paderborn sind. Ob und in welchem Umfang  diese Behörden tatsächlich über ihren gesetzlichen Handlungsauftrag hinaus gehen müssen, wäre dann im Einzelfall zu prüfen und näher zu beschreiben.

 

Roland Schäfer

 

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