Bei Vorlage von Personalausweisen bei Behörden besteht keine Verpflichtung zur Einwilligung in die Anfertigung von Kopien – eine Stellungnahme des Hessischen Datenschutzbeauftragten

Sozial-Datenschutz/ Mai 25, 2020/ alle Beiträge, Hessischer Datenschutz, Jobcenter MainArbeit Stadt Offenbach, praktische Tipps, Sozialdatenschutz/ 2 comments

Ein Mensch aus Offenbach, der Leistungen nach SGB II bem Jobcenter der Stadt Offenbach beantragt hat,  hat sich zu diesem Thema an den Hessischen Datenschutzbeauftragten mit Bitte um Stellungnahme gebeten. Dieser Mensch hat der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main seine Anfrage und die Antwort des Hessischen Datenschutzbeauftragten zur Kenntnis gegeben, verbunden mit der Erlaubnis, diesen Schriftwechsel in anonymisierter Form zu veröffentlichen. Letzterem kommen wir gerne nach – vor allem, weil die Antwort des Hessischen Datenschutzbeauftragten weit über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist.

Die Anfrage:Betreff: Anfrage zum Verhältnis von DSGVO und Personalausweisgesetz
… Mein Sachbearbeiter im Jobcenter MainArbeit Offenbach hat mich aufgefordert, ihm meinen Personalausweis auszuhändigen, damit er diesen als Kopie seinen Unterlagen beifügen kann. Ich möchte das aber nicht. Es reicht nach meiner Ansicht völlig aus, wenn ich den Ausweis vorlege und der Sachbearbeiter macht sich eine Notiz, etwa nach dem Muster „Personalausweis Nr. 1234567890, ausgestellt am xx.yy.2018 von Stadt Offenbach hat vorgelegen“. Der Sachbearbeiter sagte mit, dass ich im Rahmen meiner Mitwirkungspflichten den Personalausweis vorlegen und das ziehen einer Kopie dulden müsse.
Er verwies auch auf das Personalausweisgesetz
(*), das in § 20 Absatz 2 die Regelung enthält: ‚Der Ausweis darf nur vom Ausweisinhaber oder von anderen Personen mit Zustimmung des Ausweisinhabers in der Weise abgelichtet werden, dass die Ablichtung eindeutig und dauerhaft als Kopie erkennbar ist. Andere Personen als der Ausweisinhaber dürfen die Kopie nicht an Dritte weitergeben. Werden durch Ablichtung personenbezogene Daten aus dem Personalausweis erhoben oder verarbeitet, so darf die datenerhebende oder -verarbeitende Stelle dies nur mit Einwilligung des Ausweisinhabers tun. Die Vorschriften des allgemeinen Datenschutzrechts über die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten bleiben unberührt.‘
Mein Einwand, gestützt auf die Datenschutzgrundverordnung
(*) und dort Erwägungsgrund 43, dass das Jobcenter wg. seiner Übermacht mir gegenüber im Rahmen meiner Mitwirkungspflichten keine Einwilligung verlangen darf, wischte er zur Seite. Gesetz sei Gesetz. Und Mitwirkungspflicht sei Mitwirkungspflicht. Würde ich mich weiter weigern, meinen Ausweis kopieren zu lassen, würde ich Sanktionen riskieren.
Was sagen Sie dazu?“ 
       (
*) Verlinkungen im vorstehenden Text durch die Redaktion.

Die Antwort: „… Ich stimme Ihrer … Auffassung zu: Vorlage des Personalausweises kann im Rahmen einer Vorsprache regelmäßig verlangt werden. Kopie/Scan des Personalausweises jedoch (für das Jobcenter) nicht erforderlich. Als datensparsam(st)e Lösung ist die von Ihnen skizzierte zu präferieren. § 20 Abs. 2 PAuswG stellt TATSÄCHLICH auf die Freiwilligkeit und die Einwilligung Ihrerseits – die nicht durch Druck erzwungen werden kann bzw. erzwungen worden sein darf – ab. Diese Vorschrift stellt aber keinen Bestandteil von Ihnen zu erfüllender Mitwirkungspflichten im SGB II-Kontext dar.

Eine Antwort mit erfrischend eindeutigem Inhalt!

Zwei Hinweise:

  1. Die MainArbeit ist das kommunale Jobcenter der Stadt Offenbach. Bei allen kommunalen Jobcentern in Deutschland ist die/der jeweilige Landesdatenschutzbeauftrage die zuständige Datenschutz-Aufsichtsbehörde. Bei Jobcentern in gemeinsamer Trägerschaft von Bundesagentur für Arbeit und kommunalen Trägern (Landkreis bzw. kreisfreie Stadt) ist der Bundesdatenschutzbeauftragte die zuständige Datenschutz-Aufsichtsbehörde. Eine Übersicht über ale Datenschutz-Aufsichtsbehörden in Deutschland finden Sie hier.
  2. Der Erwägungsgrund 43 der DSGVO im Wortlaut:

 

2 Comments

  1. Und wie bei allen Fällen von Machtmißbrauch hilft es den Betroffen nicht weiter. Der notwendige Klageweg ist lang, die Sanktionen sind aktiv und die Schuldigen erfahren für ihr rechtswidriges Handeln keine Sanktionen.

  2. https://www.bfdi.bund.de/DE/Infothek/Transparenz/AccessforoneAccessforall

    Arbeitshilfe zu Artikel 15 DSGVO
    Datum 15.04.2020

    Hilfestellung für Jobcenter zum Umgang mit Anträgen nach Art. 15 DSGVO

    Download Arbeitshilfe zu Artikel 15 DSGVO (PDF, 28KB)
    Zusatzinformationen

    https://www.bfdi.bund.de/DE/Infothek/Transparenz/AccessforoneAccessforall/2020/2020-Arbeitshilfe-Artikel-15-Jobcenter.html

    P.S.: plus einige weitere interessante IFG-Veröffentlichungen

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