Bundesverfassungsgericht rügt Unterbringung eines vollständig nackten Strafgefangenen in einer videoüberwachten Zelle der Justizvollzugsanstalt Kassel
Ein Mensch war 2010 in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Kassel I (Abteilung für psychisch auffällige Gefangene) untergebracht, wo er zum Besuch einer Zahnarztsprechstunde vorgesehen war. Nachdem die Justizvollzugsanstalt die Behandlung an diesem Tag nicht gewährleisten konnte, begann der Inhaftierte gegen seine Haftraumtür zu schlagen und zu treten. Im weiteren Verlauf wurde er unter Anlegung von Handfesseln in einen besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände mit durchgehender Kameraüberwachung verbracht und dort nach Entfernung der Handfesseln vollständig entkleidet. Erst am Folgetag erhielt er eine Hose und eine Decke aus schnell reißendem Material. Eine gegen diese entwürdigenden Maßnahmen gerichtete Dienstaufsichtsbeschwerde wies der Leiter der JVA zurück mit der Begründung, es sei kein Fehlverhalten der vom Beschwerdeführer genannten Bediensteten ersichtlich.
Nach seiner Entlassung aus der JVA Kassel beschritt der Betroffene den Rechtsweg. Aber sowohl das Landgericht Kassel als auch das Oberlandesgericht Hessen wiesen die Klage des Betroffenen gegen seine entwürdigende Behandlung zurück. Dagegen richtete sich der Betroffene mit einer Verfassungsklage.
Das Bundesverfassungsgericht hob mit seiner Entscheidung vom 18.03.2015 (Aktenzeichen 2 BvR 1111/13) die Urteile der Instanzengerichte auf und stellte fest, dass die Behandlung des Beschwerdeführers in der JVA Kassel seine Menschenwürde und seine Grundrechte grob verletzt hat.