Verwaltungsgericht Gelsenkirchen: Polizei darf keine Fotos von Demonstrationsteilnehmer*innen auf Facebook und Twitter veröffentlichen

Datenschutzrheinmain/ Oktober 24, 2018/ alle Beiträge, Polizei und Geheimdienste (BRD), Videoüberwachung/ 0Kommentare

Die Polizei darf Demonstranten nicht fotografieren, um mit den Bildern zum Beispiel in den Sozialen Medien über die eigene Arbeit zu informieren. Das hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am 23.10.2018 festgestellt. Die Essener Polizei hatte im Mai 2018 bei einer Demonstration von ihrem Social-Media-Team Fotos der Demonstrant*innen machen lassen und diese über ihre Accounts bei Facebook und Twitter veröffentlicht. Zwei Teilnehmer der Demonstration wollten dies nicht akzeptieren und klagten auf Unterlassung bzw. Entfernung der entsprechenden Veröffentlichungen. Mit Erfolg!

Quelle: @JasperPrigge 23.10.2018

Jasper Prigge ist Rechtsanwalt und hat als solcher die beiden Kläger vor den Verwaltungsgericht Gelsenkirchen vertreten

Die Verwaltungsrichter setzten der Polizei jetzt deutliche Schranken. Sie stellten in ihrem Urteil fest: Schon dass die Polizei bei der Demonstration für die Teilnehmer*innen erkennbar fotografierten sei rechtswidrig. Bei Kundgebungen dürfe zur Gewährleistung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 Grundgesetz) gar nicht erst der Eindruck von staatlicher Überwachung entstehen. Fotografierende Polizeibeamte könnten einschüchternd wirken und Demonstranten von der Ausübung ihres Grundrechts abhalten. „Als Demonstrant kann ich nicht wissen, ob mich der Uniformierte nur unscharf fotografiert oder ob er mit einem Teleobjektiv ganz nah ran geht“, erläuterte der Vorsitzende Richter. Die ebenfalls strittige Frage einer Veröffentlichung im Internet erübrige sich dadurch. Auf Versammlungen dürfe die Polizei nur dann Fotos oder Videos erstellen, wenn mit einer erheblichen Gefahr zu rechnen sei, etwa wenn sie befürchten müsse, dass sich Gewalttäter unter friedliche Demonstranten mischen.

Die Polizei hatte im Verfahren angegeben, die Aufnahmen seien angefertigt und veröffentlicht worden, um die Bevölkerung transparent und „am Puls der Zeit“ über ihre Arbeit zu informieren. Dies sei eine Anforderung des Innenministerium in NRW. Vertreter*innen der Essener Polizeiführung erklärten in der Verhandlung, man habe versucht, nachzusteuern: Die bei Demonstrationen und Kundgebungen für Öffentlichkeitsarbeit eingesetzten Polizist*innen würden inzwischen gelbe Warnwesten mit der Aufschrift „Social Media Team“ tragen. Das genügten den Verwaltungsrichtern nicht: „Und wenn sie einen großen Hut mit Beschriftung aufhaben: Der Eindruck, dass die Obrigkeit mich bei der Versammlung beobachtet, reicht“, betonte der Vorsitzende Richter in der mündlichen Verhandlung.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen ist noch nicht rechtskräftig und auch noch nicht im Wortlaut veröffentlicht. Dieser Beitrag stützt sich daher auf diverse Veröffentlichungen unterschiedlicher Medien.


Update 07.11.2018:

Jasper Prigge, der Anwalt der beiden Kläger, hat das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen auf seine Homepage veröffentlicht. Es ist hier im Wortlaut nachlesbar.

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