SPD in Frankfurt-Bergen-Enkheim fordert Videoüberwachung an U-Bahn-Stationen, kann oder will dafür aber keine Gründe nennen
Am 13.04.2018 hat die SPD-Fraktion im Ortsbeirat 16 (Bergen-Enkheim) einen Antrag beschlossen, der in der Sitzung des Ortsbeirats am 08.05.2018 zur Beratung und Beschlussfassung vorlag, dort aber (noch nicht) beschlossen wurde. Unter dem Betreff: “Anbringung von Videokameras im gesamten U-Bahnbereich Enkheim” fordert die SPD-Fraktion lapidar: “Der Ortsbeirat möge beschließen, der Magistrat wird gebeten im gesamten U-Bahnbereich Enkheim Videokameras aufstellen zu lassen.” Als Begründung wird ebenso lapidar genannt: “Aus Gründen der Sicherheit für die Fahrgäste und des ÖPNV-Personals, als auch zum Schutz gegen Vandalismus insbesondere bei den abgestellten Rädern, sollen Videokameras eingerichtet werden.”
U-Bahn-Stationen Enkheim und Hessen-Center
Ein Mitglied der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main stellte der SPD-Fraktion zu Ihrem Antrag in der Ortsbeiratssitzung folgende Fragen:
- Gab es in jüngerer Vergangenheit Vorfälle, die Anlass sind, diese Forderung zu erheben? Welcher Art waren diese Vorfälle? Wie häufig waren sie?
- Was ist mit “Anbringung von Videokameras im gesamten U-Bahnbereich Enkheim” konkret gemeint? Die beiden U-Bahn-Stationen, die sich auf dem Territorium des Ortsbezirks Bergen-Enkheim befinden (Enkheim und Hessen-Center)? Oder die gesamte Gleisanlage im Ortsbezirk? Oder auch der öffentliche Straßenraum im Umfeld der U-Bahn-Stationen und der Gleisanlage?
- Hat die SPD-Fraktion im Vorfeld ihrer Antragstellung die Betreiberin der U-Bahn und Inhaberin des Hausrechts auf den Gelände der beiden U-Bahn-Stationen, die Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) befragt, aus welchen Gründen sie diese Stationen – im Unterschied zu vielen andern Straßenbahn- und U-Bahn-Stationen – nicht videoüberwacht?
- Ist der SPD-Fraktion bekannt, wer Eigentümer oder Inhaber des Hausrechts des Geländes ist, auf dem nahe der U-Bahn-Station Enkheim die Fahrradständer platziert ist? Hat die Fraktion mit dem Eigentümer oder Inhaber des Hausrechts im Vorfeld ihrer Antragstellung gesprochen? Wenn Ja: Wie war dessen Bewertung des Begehrens?
- Hat die SPD-Fraktion im Vorfeld der Antragstellung bei der Leitung des zuständigen Polizeireviers deren Bewertung der Gefährdungssituation abgefragt? Wenn Ja: Mit welchem Ergebnis?
- Sind der SPD-Fraktion die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen bekannt, die bei der Installation von Videoüberwachungsanlagen zu beachten sind? Für die Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) ist dies § 6b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), mit Inkrafttreten der Europäischen Datenschutzgrundverordnung am 25.05.2018 § 4 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG-neu). Für die Stadt Frankfurt ist dies § 14 Hessisches Sicherheits- und Ordnungsgesetz (HSOG), mit Inkrafttreten der Europäischen Datenschutzgrundverordnung am 25.05.2018 § 4 Hessisches Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz (HDSIG).
- Wie bewerten Sie diese Rechtsgrundlagen im Bezug auf die Forderungen in Ihrem Antrag?
Eine Bergen-Enkheimer Lokalzeitung berichtete, dass die vier Mitglieder der SPD-Fraktion in der Sitzung nicht in der Lage waren, auch nur eine dieser Fragen zu beantworten. Sie sicherten dem Fragesteller aber zu, die Fragen schriftlich zu beantworten. Diese Antwort kam nach wiederholten Erinnerungen am 29.05.2018 per E-Mail und lautete verblüffend kurz und schlicht: „Wir als SPD Fraktion und Mitglieder des Ortsbeirats werden auf Missstände in unserem Stadtteil durch die Bevölkerung aufmerksam gemacht. Wir stellen Anträge, deren Umsetzung muss dann von der Verwaltung geprüft werden.“ Keine Auskünfte zu eigenen Recherchen, zu Fakten, zu Rechtsgrundlagen und zu eigenen Überlegungen und Bewertungen!
Ein politisches Armutszeugnis, das sich die SPD-Fraktion in Bergen-Enkheim da ausstellt, bei dem nur eines unklar ist: Überwiegt hier Gedankenlosigkeit oder der Hang, populistischen Stimmungen ungebremst nachzugeben?