Videoüberwachung: In Darmstadt und Frankfurt alles im Grünen Bereich?

Datenschutzrheinmain/ Juni 10, 2016/ alle Beiträge, Videoüberwachung, Videoüberwachung in der Region/ 0Kommentare

Anlässlich der Vorstellung der polizeilichen Kriminalstatistik 2007 durch den damaligen Bundesinnenminister Schäuble erklärt Silke Stokar, von 2002 bis 2009 Mitglied des Deutschen Bundestags und Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen für Innenpolitik„Die Gewaltkriminalität ist seit Jahren auf einem nicht hinnehmbaren hohen Niveau und steigt weiter an… Videokameras sind jedoch offensichtlich kein geeignetes Mittel, die Gewalttäter abzuschrecken. Das jüngste Gutachten über die flächendeckende Videoüberwachung in London zeigt: Hier wurden Millionenbeträge für technische Überwachung eingesetzt, ohne dass es zu einem erkennbaren Rückgang der Kriminalität gekommen ist. Mehr Sicherheit auf den öffentlichen Straßen und Plätzen sowie im öffentlichen Nahverkehr erreichen wir nicht durch mehr Kameras…“

Einsichten, denen zuzustimmen ist.

Bis in die Stadtverordnetenfraktionen der Grünen in Darmstadt und Frankfurt haben sie sich aber nicht herumgesprochen. In beiden Städten koalieren die  Grünen mit der CDU, in Frankfurt zusätzlich auch mit der SPD. Und beim Thema Videoüberwachung sind beide Fraktionen auf die CDU-Ideologie abgefahren.

Lt. Bericht der Hessenschau vom 08.06.2016 haben Grüne und CDU in Darmstadt vereinbart: „Videoüberwachung: Die Koalition setzt sich für den Einsatz von Videoüberwachung an Orten wie dem Luisenplatz oder dem Bahnhofsvorplatz ein. Damit soll mehr Sicherheit geschaffen werden. Im Vorfeld sind dazu Bürgerbefragungen sowie Analysen geplant, die zusammen mit der Polizei und dem Kommunalen Präventionsrat durchgeführt werden.“ Dazu passt, dass Grüne und CDU in Darmstadt bereits im Koalitionsvertrag vom Mai 2011 voll auf die Linie der law-an-order-Hardliner der CDU/CSU abgefahren sind. Damals fanden sich dort auf S. 56 die Sätze: Sicherheit bedeutet Freiheit. Sie ist ein zentraler Wert für das Miteinander einer gleichberechtigten Gesellschaft.“ Schöner hätten es Wolfgang Schäuble und Thomas de Maizière auch nicht ausdrücken können, liebe Grüne in Darmstadt.

In Frankfurt haben sich Grüne, CDU und SPD auch für den Ausbau der Videoüberwachung ausgesprochen. Im Koalitionsvertrag (S. 55) heißt es dazu:  „Nutzung moderner Videotechnik. Das Polizeipräsidium schlägt aufgrund der allgemeinen Kriminalitätslage und wegen der anhaltend hohen Gefährdungslage durch islamistischen Terrorismus weitere Videoanlagen zur Bildübertragung im öffentlichen Raum vor… Die Stadt wird gemeinsam mit dem Polizeipräsidium an einer Verbesserung der vorhandenen Situation arbeiten und die Vorschläge der Landespolizei für zwei weitere Standorte, einen im Bahnhofsviertel und einen (zunächst zeitlich auf 1 Jahr begrenzten und zu evaluierenden) im Allerheiligenviertel, übernehmen.“

Die Damen und Herren Koalitionäre in Darmstadt und Frankfurt wären gut beraten, wenn sie – statt der Sicherheitsideologie der CDU nachzugeben – sich mit den Rechtgrundlagen für Videoüberwachung durch die Polizei auseinander gesetzt hätten. Selbst das repressive hessische Polizeirecht stellt in § 14 Abs. 3 HSOG darauf ab: „Die Polizeibehörden können zur Abwehr einer Gefahr oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass Straftaten drohen, öffentlich zugängliche Orte mittels Bildübertragung offen beobachten und aufzeichnen… Fest installierte Anlagen dürfen unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für ihre Errichtung nach Satz 1 noch vorliegen, zwei Jahre lang betrieben werden; die Frist verlängert sich entsprechend, wenn die Voraussetzungen weiterhin vorliegen…“

Welche konkrete Gefahr und welche tatsächlichen Anhaltspunkte rechtfertigen den geplanten Ausbau der Videoüberwachung in Darmstadt und Frankfurt?

Der Nachweis über die konkrete Gefahr und die tatsächlichen Anhaltspunkte muss – auch für die Bürgerschaft in Darmstadt bzw. Frankfurt überprüfbar vorgelegt werden, bevor über neue Kamerastandorte entschieden wird.

  • Wie viele Vorfälle gab es an den genannten Plätzen?
  • Vorfälle welcher Art waren es?
  • Auf welche Faktoren beruft sich die Polizei in der Annahme, man könnte mit dem Einsatz weiterer Überwachungskameras genau diese Vorfälle verhindern?

Es wäre zu begrüßen, wenn diese Hausaufgaben – für die Öffentlichkeit nachvollziehbar – gemacht werden bevor in Darmstadt und Frankfurt weitere Polizeikameras installiert werden.

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