Teilerfolg gegen Staatstrojaner vor dem Bundesverfassungsgericht

Datenschutzrheinmain/ August 8, 2025/ alle Beiträge, Polizei und Geheimdienste (BRD), Telekommunikations-Überwachung/ 0Kommentare

Das Bundesverfassungsgericht hat am 07.08.2025 entschieden, den Einsatz von Staatstrojanern deutlich zu begrenzen. Damit war eine von Digitalcourage initiierte und von zahlreichen Menschen unterstützte Verfassungsbeschwerde teilweise erfolgreich – mit weitreichenden Folgen für staatliche Überwachungsbefugnisse. Das Gericht hat zeitgleich über zwei Verfassungsbeschwerden von Digitalcourage entschieden. Die umstrittenen Überwachungsbefugnisse im Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen erklärte das Gericht für grundrechtskonform. Die Klage gegen den Staatstrojaner dagegen hatte in Teilen Erfolg.

In einer Pressemitteilung von Digitalcourage e.V. vom 07.08.2025 werden die Entscheidungen wie folgt bewertet:

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zieht eine klare Grenze: Staatstrojaner dürfen künftig nur noch bei besonders schweren Straftaten eingesetzt werden. Für Delikte mit einer Höchstfreiheitsstrafe von bis zu drei Jahren erklärte das Gericht den Einsatz für verfassungswidrig, auch rückwirkend. Darüber hinaus ist die Online-Durchsuchung von Smartphones und Computern teilweise nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Sie darf aber bis zu einer Neuregelung weiter angewendet werden.

Begründet wird die Entscheidung mit der Schwere des Eingriffs sowohl in das Post- und Fernmeldegeheimnis als auch in das IT-System-Grundrecht. Das Bundesverfassungsgericht erkennt an, dass es sich beim Einsatz solcher Späh-Software um einen massiven Grundrechtseingriff handelt. „Ausgehend von dem sehr hohen Eingriffsgewicht“, so das Gericht, müsse die Maßnahme auf besonders schwerwiegende Fälle beschränkt bleiben. Damit wird gewährleistet, dass IT-Systeme nur noch beim Verdacht wirklich schwerwiegender Delikte von staatlichen Ermittlern gekapert werden. Und auch wird verhindert, dass der Gesetzgeber künftig weiterhin Alltagskriminalität als schwere Straftaten verkauft.

Einer der beiden Prozessbevollmächtigten, Prof. Dr. Jan Dirk Roggenkamp, bezeichnet den Beschluss als wichtigen Teilerfolg: „Das heimliche Auslesen von Smartphone und Co. ist ein heftiger Eingriff in Grundrechte. Die vom BVerfG vorgenommenen Einschränkungen sind richtig und wichtig.“

Rena Tangens, politische Geschäftsführerin von Digitalcourage und eine der Beschwerdeführer*innen, freut sich über den Erfolg, merkt aber an: „Ein zentraler Kritikpunkt bleibt: Das Gericht hat sich nicht mit der grundsätzlichen Problematik von Staatstrojanern befasst. Denn um Staatstrojaner einzusetzen, müssen Sicherheitslücken ausgenutzt werden – und diese Schwachstellen gefährden die IT-Sicherheit von uns allen. Statt diese zu melden und zu schließen, hält der Staat sie offen, um sie selbst zu nutzen.“ Der Nutzen von Staatstrojanern sei sehr begrenzt, das Risiko jedoch enorm. Durch solche Schwachstellen seien Angriffe auf Endgeräte oder kritische Infrastrukturen möglich. Ein Staat, der Sicherheit für seine Bürgerinnen und Bürger wolle, müsse solche Sicherheitslücken den Herstellern melden, damit sie geschlossen werden.

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