Spionage am Flughafen Frankfurt: Fragen an Karlheinz Weimar (CDU), Aufsichtsratsvorsitzender der Fraport AG und an Peter Feldmann (SPD), Mitglied des Aufsichtsrats der Fraport AG

Datenschutzrheinmain/ Oktober 5, 2016/ alle Beiträge, Hessische Landespolitik, NSA Skandal, Regionales, Uncategorized/ 0Kommentare

Wie durch eine Meldung der Zeitung DIE ZEIT und des ARD-Magazins Fakt am 27.09.2016 bekannt wurde, hat der Bundesnachrichtendienst (BND) als deutscher Auslandsgeheimdienst schon seit 2005 gewusst, dass ein Hersteller von Hochsicherheitskameras und anderer Überwachungstechnik Hintertüren für US-Geheimdienste in seiner Technik verbaut hatte und dass diese Technologieprodukte u. a. auch im Frankfurter Flughafen verwendet werden. Obwohl dazu auf der geltenden Rechtsgrundlage verpflichtet, informierte der BND die Spionageabwehr des Inlandsgeheimdienstes, den Verfassungsschutz, nicht über seine Kenntnisse. Die ZEIT vermutet, dass dies aus Rücksichtnahme des BND gegenüber seinen US-amerikanischen Partnern (NSA u. a.) so entschieden wurde.

Das Online-Magazin Netzpolitik.Org informiert dazu wie folgt: „Die Information über die manipulierte Sicherheitstechnik erreichte die zuständige Spionageabwehr im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) offensichtlich nicht. Die zuständige Abteilung des BND verzichtete nach dem Bericht aus dem Jahr 2005 darauf, diese Information in die BND-Berichterstattung aufzunehmen. Der Grund war die Befürchtung möglicher politischer Implikationen bei Offenlegung dieser Information. Recherchen von ‚FAKT‘ belegen nun erstmals, dass die zuständige Abteilung Spionageabwehr des BfV tatsächlich nicht informiert wurde. Stattdessen erfuhr das Bundesamt für Verfassungsschutz erst durch Ermittlungen der Bundesanwaltschaft im Jahre 2015 von dem Vorgang… Hintergrund dieser Spionagemaßnahme ist, dass sich mit den Audio- und Videoaufnahmen aus den Hochsicherheitsbereichen interessante Informationen abgreifen lassen. Dazu gehören die eingesetzte Servertechnik, aber auch welche Mitarbeiter in den Bereichen arbeiten…“

Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hat diese Informationen zum Anlass genommen, um

  • den Aufsichtsratsvorsitzenden der Fraport AG, Karl-Heinz Weimar (CDU, ehemals Finanzminister des Landes Hessen) sowie
  • die Aufsichtsratsmitglieder Peter Feldmann (SPD, Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt) und
  • Frank-Peter Kaufmann (Grüne, Mitglied des Hessischen Landtags)

aufzufordern, zu einer Aufklärung des Skandals aktiv beizutragen. An die drei genannten Politiker erging die Aufforderung,

  1. „gegenüber der Bundesregierung, insbesondere gegenüber dem Bundeskanzleramt und dem Bundesinnenministerium darauf zu dringen, dass die von der ZEIT und dem Magazin Fakt benannten Sachverhalte überprüft und die dafür verantwortlichen Personen juristisch und politisch zur Verantwortung gezogen werden;
  2. gegenüber der Bundesregierung, insbesondere gegenüber dem Bundeswirtschaftsministerium darauf zu dringen, dass über die Bundesnetzagentur der Betrieb von nach Telekommunikationsrecht nicht-zugelassenen Übertragungsanlagen eingestellt wird und sowohl die Hersteller als auch die Betreiber verwaltungsrechtlich und bußgeldrechtlich zur Verantwortung gezogen werden;
  3. gegenüber den Fraktionen des Bundestags zu erklären, dass Sie die Neufassung des BND-Gesetzes, insbesondere die darin enthaltenen neuen Überwachungsbefugnisse für den BND, ablehnen und
  4. die Forderung von Wolfgang Nešković (ehem. Richter am Bundesgerichtshof und ehem. Mitglied des Dt. Bundestags) zu unterstützen, ein Sonderstrafrecht für die Geheimdienstkontrolle zu schaffen, damit künftig für MitarbeiterInnen der deutschen Geheimdienste die bisher vorhandene „Lizenz zum Lügen und zum Gesetzesbruch“ beendet und rechtswidriges Verhalten dieses Personenkreises strafbewehrt geahndet werden kann.“

Das Schreiben an Karl-Heinz Weimar ist hier im Wortlaut nachlesbar.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Bürgerrechtsgruppe freiheitsfoo aus Hannover versucht hat, von der Fraport Auskünfte auf Fragen zu diesem Skandal zu erhalten. Auf zwei detaillierte Fragenkataloge ging aber lediglich folgende nichtssagende Auskunft bei freiheitsfoo ein: „Das von Ihnen angesprochene System wird bei der Fraport AG direkt nicht eingesetzt. Nach Information eines für uns tätigen Dienstleisters wird das System teilweise eingesetzt, allerdings nur für die Messung der Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit im Rechenzentrum. Informationen zu einem Backdoor liegen dort nicht vor. Für die Kameraüberwachung und Zugangskontrolle wird ein anderes System eingesetzt. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns daher zu dem dargestellten Sachverhalt nicht weiter äußern können und bitten Sie, sich an die entsprechenden Behörden zu wenden. Gerne können Sie sich auch den für uns tätigen Dienstleister, die operational services GmbH & Co. KG, wenden.“

Die Anfrage von freiheitsfoo beim IT-Dienstleister der Fraport AG, die operational services GmbH & Co. KG erbrachte folgende Auskunft: Wir nutzen NetBotz im Rahmen der Videoüberwachung aus guten Gründen nicht. Unsere Nutzung der Sensorik-Geräte beschränkt sich auf die Verarbeitung von Klimadaten, also Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Darüber hinaus werden NetBotz in einem eigenen, dedizierten Servicenetz betrieben, deren Klimadaten explizit nur von Mitarbeitern innerhalb des Rechenzentrums eingesehen werden können…“ Welche „guten Gründe“ das Unternehmen hatte, Videotechnik von NetBotz nicht einzusetzen, wurde leider nicht mitgeteilt. Wusste das Unternehmen mehr als die Fraport AG?

Auch ein halbes Dutzend Dementis lässt sich wie eine ganze Bestätigung des Skandals lesen. Und die Fragen zur Rolle des BND in diesem Skandal sind noch lange nicht beantwortet.

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