Schutz von Gesundheits- und Behandlungsdaten – Ein Blick über die Grenze: Die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) in Österreich

Datenschutzrheinmain/ April 8, 2017/ alle Beiträge, Gesundheitsdatenschutz, Telematik-Infrastruktur/ 1Kommentare

Die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) in Österreich ist vergleichbar mit der elektronischen Gesundheitskarte (eGk) und dem damit verbundenen telematischen System im Gesundheitswesen der Bundesrepublik Deutschland. Einer der wesentlichen Unterschiede: Der Gesetzgeber in Österreich hat beschlossen, dass die Gesundheits- und Behandlungsdaten aller gesetzlich krankenversicherten Menschen in ELGA elektronisch zentral erfasst werden. Versicherte, die dies nicht möchten, müssen dies ausdrücklich beantragen (<opt-out>).

ARGE DATEN, die österreichische Gesellschaft für Datenschutz, hat in einer Veröffentlichung darüber informiert, wie Versicherte in Österreich sich der Speicherung ihrer Gesundheits- und Behandlungsdaten entziehen können. Ein aufwendiges Verfahren, das den Grundsätzen der informationellen Selbstbestimmung Hohn spricht! Nachstehend ein Auszug aus dieser Information:

Jeder Bürger hat den gesetzlichen Anspruch, dass seine Gesundheitsdaten nicht im Rahmen des ELGA-Experiments verwendet werden dürfen. Er muss dazu einen ‚Widerspruch‘ abgeben. Nachteile in der Gesundheitsversorgung dürfen daraus nicht entstehen… Solange ELGA noch im Experimentierstadium ist, empfiehlt die ARGE DATEN auf jeden Fall ein ‚OptOut‘. Laut ELGA-Gesetz wird die elektronische Gesundheitsakte noch bis ins Jahr 2022 ein fehlerhafter Fleckerlteppich sein, bis dahin sollte man ihm keinesfalls die eigenen Gesundheitsdaten anvertrauen. Ob ELGA überhaupt je funktionieren wird ist mehr als zweifelhaft, das System ist technisch nicht durchdacht und es gibt keine klaren Verantwortlichkeiten für das Gesamtsystem. Vergleichbare Systeme in Europa scheiterten nachdem Milliardenbeträge in die Computerindustrie, statt ins Gesundheitswesen gepumpt wurden… Bundesminister Stöger, die ELGA GmbH und der Hauptverband der Sozialversicherungsträger haben kein Interesse am Schutz der sensiblen Gesundheitsdaten. Sie machen den Bürgern das OptOut bewusst schwer und verstecken die OptOut-Möglichkeit hinter einem undurchsichtigen System von Internetseiten…

Mit ‚OptOut‘ gleichzeitig Auskunft nach dem Datenschutzgesetz verlangen! Gemäß DSG 2000 besteht ein Anspruch binnen acht Wochen Auskunft zu erhalten, mit welchen Daten man gespeichert ist. Wir raten daher allen OptOut-Willigen gleichzeitig mit dem ‚OptOut‘-Antrag auch eine Auskunft gemäß DSG 2000 zu verlangen…“

ELGA erhielt 2014 den österreichischen BigBrotherAward in der Kategorie „Lebenslanges Ärgernis“. Aus der Begründung für die Preisverleihung: „Mediziner und der Gesundheitssektor werden in Umfragen regelmäßig zu 70, 80, 90 Prozent als besonderen Garanten für den Schutz der Privatsphäre gesehen und es ist daher besonders ärgerlich dass in diesem sensiblen Bereich die Bundesegierung mit einem zwangsweisen, lebenslangen, elektronischen Akten- und Überwachungssystem das Vertrauen der Bevölkerung nachhaltig missbrauchen will…“

Achtung: Auch in Deutschland werden von Lobbyisten der IT-Gesundheitsindustrie immer wieder Forderungen erhoben, abweichend von der gegenwärtigen Regelung in § 291a Abs. 3 und 5 SGB V (<opt-in>) ein Verfahren wie in Österreich einzuführen. Beispiele dafür sind hier (Bertelsmann / Arvato Systems) und hier (PricewaterhouseCoopers – pwc) zu finden.

1 Kommentar

  1. Pingback: Neue Studie der Bertelsmann-Stiftung zu Elektronischen Patientenakten – eine erste kritische Bewertung | patientenrechte-datenschutz.de

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*