Pilotversuch zur Videoüberwachung mit Gesichtserkennung am Bahnhof Berlin Südkreuz beendet – Bundesinnenminister Seehofer will flächendeckende Einführung
Am 31. 07. 2018 endete der einjährige Test von Gesichtserkennungssystemen am Bahnhof Berlin-Südkreuz durch die Bundespolizei. Am 11.10.2018 veröffentlichte die Bundespolizei den Abschlussbericht und teilt auf ihrer Homepage mit: „Nach Abschluss des Projekts zur biometrischen Gesichtserkennung am Bahnhof Berlin Südkreuz und der Auswertung der vorliegenden Testergebnisse kann ein positives Resümee gezogen werden. Mit einer durchschnittlichen Trefferquote von mehr als 80 Prozent konnten die Testpersonen durch die Software erkannt werden… Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass Verfahren zur Gesichtserkennung künftig die polizeiliche Arbeit wesentlich unterstützen können und so einen enormen Mehrwert aufweisen.“
Mit Pressemitteilung vom 11.10.2018 erklärt Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU): „Die Ergebnisse zeigen, dass die Technik zur Gesichtserkennung unsere Polizistinnen und Polizisten im Alltag erheblich unterstützen kann. Die Systeme haben sich in beeindruckender Weise bewährt, so dass eine breite Einführung möglich ist. Wir können damit in bestimmten Bereichen die Polizeiarbeit noch effizienter und effektiver gestalten und damit die Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger verbessern.“ Seehofer spricht sich dafür aus, im Falle einer Einführung eine Rechtsgrundlage im Bundespolizeigesetz zu schaffen, aus der die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für den Einsatz von Systemen zur Gesichtserkennung und sonstiger intelligenter Videoüberwachung klar hervorgehen.
Quelle: @_suedkreuz 12.10.2018
Kritik an der Bewertung des Pilotversuchs und am Abschlussbericht kam vom Chaos Computer Club. In einer Stellungnahme vom 13.10.2018 wird eine Vielzahl von Annahmen und Zahlen aus dem Abschlussbericht der Bundespolizei kritisch hinterfragt. Kern der Stellungnahme des CCC ist aber der Hinweis: „…das weit größere Problem für jeden Passanten, dessen Gesicht gescannt wird, liegt in der Technologie selbst: Menschen werden nicht wie mit anderen Videosystemen einfach nur beobachtet, sondern während der Überwachung durch ihre Körpermerkmale identifiziert. Werden solche Systeme ausgebaut, stehen wir vor einer anlasslosen biometrischen Personenüberwachung im öffentlichen Raum, die mit der heutigen Videoüberwachung technisch nicht vergleichbar ist…“
Die Datenschutz-Aufsichtsbehörden von Bund und Ländern hatten Ende März 2017 – schon vor Beginn des Pilotversuchs – festgestellt, dass der Einsatz biometrischer Gesichtserkennungssoftware in Überwachungskameras rechtswidrig sei. Es handele sich um einen besonders schweren Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, hieß es. „Der Einsatz von Videokameras mit biometrischer Gesichtserkennung kann die Freiheit, sich in der Öffentlichkeit anonym zu bewegen, gänzlich zerstören„, hieß es. Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff hatte das Pilotprojekt zwar im April 2017 für zulässig erklärt, zugleich aber mitgeteilt, dass sie „grundsätzliche Bedenken“ gegen den flächendeckenden Einsatz diese Technologie habe. „Sollten derartige Systeme später einmal in den Echtbetrieb gehen, wäre dies ein erheblicher Grundrechtseingriff“.
Quelle: @_suedkreuz 15.10.2018