Neues hessisches Versammlungs“freiheits“gesetz: Linksfraktion im Landtag hat Normenkontrollantrag beim Hessischen Staatsgerichtshof gestellt
Die hessische Landesregierung (CDU/Grüne) hat im November 2022 einen Entwurf für ein eigenes Versammlungsgesetz für Hessen vorgelegt und es beschönigend Versammlungs“freiheits“gesetz genannt, obwohl es gegenüber den Versammlungsgesetz des Bundes eine Vielzahl von Regelungen enthält, die die Rechte der Veranstalter*innen und der Teilnehmer*innen von öffentlichen Veranstaltungen massiv einschränken. Auch datenschutzrechtlich sind viele der Regelungen mehr als nur fragwürdig. Trotz Kritik vieler Verbände (z. B. des Grundrechtekomitees) und von Fachjuristen bei einer Anhörung im Innenausschuss des hessischen Landtags im Februar 2023 und außerparlamentarischer Proteste wurde das Gesetz mit geringfügigen Änderungen gegenüber dem Entwurf im März 2023 beschlossen. Es trat am 04.04.2023 in Kraft.
Die Linksfraktion im Hessischen Landtag hat nach Verabschiedung des Gesetzes den Prof. Dr. Clemens Arzt, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin mit einer Verfassungsbeschwerde (Normenkontrollantrag) beim Hessischen Staatsgerichtshof (dem hessischen Verfassungsgericht) beauftragt. Ziel des Normenkontrollantrags ist es, das Gesetz für nichtig erklären zu lassen. Denn die Regelungen sind in weiten Teilen nach Bewertung der Linksfraktion nicht mit der Hessischen Verfassung vereinbar. Die schwarz-grüne Mehrheit des Landtags habe bei der Erstellung des Gesetzes verkannt, dass Art. 14 der Hessischen Landesverfassung hinsichtlich der Möglichkeit der Einschränkung der Versammlungsfreiheit deutlich von der Regelung in Art. 8 des Grundgesetzes abweiche. Die Hessische Landesverfassung lasse ausdrücklich nur ein Gesetz zur Regelung der Anmeldung, nicht aber weitere einfachgesetzliche Einschränkungen derVersammlungsfreiheit zu.
Der mit dem Normenkontrollantrag beauftragte Prof. Dr. Clemens Arzt hat zwischenzeitlich seinen Antrag an den Hessischen Staatsgerichtshof im Wortlaut veröffentlicht.
Darin wird – ein Beispiel (S. 42) – u. a. aufgeführt: „…sieht das Gesetz in § 12 Abs. 8 weiterhin vor, dass der/die Veranstalter*in auf Anforderung der Behörde die ‚persönlichen Daten‘ der Ordner*innen mitteilen muss, was eine erhebliche Abschreckungswirkung mit Blick auf die Betroffenen haben kann, die sich regelmäßig aus dem Kreis der Versammelnden oder mit dem Anliegen der Demonstration sympathisierenden Personen rekrutieren und somit ihre (politischen) Ansichten mit Name und Anschrift sowie ggf. weiteren Angaben… der Behörde mitteilen müssen. Dies stellt einen erheblichen Eingriff in die Versammlungsfreiheit und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar…“