Nein zum neuen Brandenburger Polizeigesetz! – Gemeinsam gegen den Angriff auf Freiheit und Grundrechte!
Unter diesem Motto haben sich unterschiedlichste Organisationen aus dem Bundesland Brandenburg zusammengefunden, um den Widerstand gegen die beabsichtigten Verschärfungen im Brandenburger Polizeigesetz zu organisieren.
Im Juli 2018 wurde ein Entwurf zur Änderung des Polizeigesetzes durch das Brandenburgische Innenministerium veröffentlicht. Hier ein Überblick über die (wesentlichen) Verschärfungen mit Stand des Entwurfs vom Juli 2018:
- Ausweitung der Schleierfahndung bzw. der verdachtsunabhängigen Personenkontrollen (§ 12)
- Einführung eines Paragrafen über die molekulargenetische Untersuchung zur Identitätsfeststellung (§ 12a)
- Einführung von Meldeauflagen u. a. im Kontext des Versammlungsgesetzes (§ 15a)
- Legalisierung von Hauseinbrüchen durch Polizei, damit sie Spionagesoftware oder sonstige Überwachungsmöglichkeiten auf technischen Geräten anwenden kann (§ 23 Abs. 1 Nr. 5)
- Ausweitung der Durchsuchungsbefugnisse u. a. im Kontext des Versammlungsgesetzes (§ 22 Abs. Nr. 6)
- Im Rahmen der „Terrorismus“-Abwehr: Massive Ausweitung der Eingriffsmöglichkeiten und Grundrechtseinschränkungen auf Grundlage von unbestimmten bzw. nicht näher definierten Merkmalen, die sich den vielfach im Kontext des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes kritisierten Begriffs der „drohenden Gefahr“ gleichen. Allein abhängig von der Einschätzung durch die Polizei können Menschen als Gefährder eingestuft werden, die somit massiven Repressionen und Überwachungen ausgesetzt werden, u. a. Gewahrsamnahmen bis zu einem Monat, Aufenthaltsgebote und Kontaktverbote, Online-Durchsuchungen, Fußfesseln etc. (§ 28a bis § 28f).
- Ausweitung der Videoüberwachung an öffentlichen Straßen und Plätzen und an „Objekten“, die allein abhängig von der Gefahreneinschätzung der Polizei zu „gefährdeten“ Objekten erklärt werden. (§ 31 Abs.2)
- Einsatz von Bodycams für die allein von der Polizei gesteuerten Aufnahme von Bild- und Tondaten (§ 31a)
- Ausweitung der Observation von Personen (§ 32)
- Einsatz von Spionagesoftware („Staatstrojaner“) unter Ausnutzung von Sicherheitslücken zur Überwachung von verschlüsselter Kommunikation (§ 33d)
- Einsatz von Handgranaten bzw. Sprengmitteln als Waffen (§ 61 Abs. 3)
Im Aufruf des Bündnisses gegen das neue Brandenburger Polizeigesetz wird dazu u. a. festgestellt: „Die Landesregierung in Bayern hat vorgemacht, wie schnell Grundrechte mit einem Polizeigesetz grundlegend in Frage gestellt werden können. Nun plant neben anderen Landesregierungen auch in Brandenburg der Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) ein neues Landespolizeigesetz, das rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung und die Gewaltenteilung angreift… im Gewand der Terrorabwehr soll die Polizei neue Befugnisse bekommen, die eine lange Liste von Grundrechtseinschränkungen beinhalten. Das als Lehre aus dem Faschismus eingeführte verfassungsrechtliche Trennungsgebot für geheimdienstliche und polizeiliche Methoden wird immer weiter ad absurdum geführt. Mit der ‚Online-Durchsuchung‘ können Ermittler*innen vollständig auf die elektronische Kommunikation eines Menschen (und dessen Mitmenschen), die Aufenthaltsorte, die Fotos, die Notizen und weitere gespeicherte Daten zugreifen. Weiterhin soll die Polizei mit Spionagesoftware, auch Staatstrojaner genannt, verschlüsselte Kommunikation überwachen können (‚Quellen-TKÜ‘)… Ähnlich wie der von der bayerischen Gesetzesinitiative bekannt gemachte Begriff der ‚drohenden Gefahr‘ führt das neue Polizeigesetz mittels diffusen und unbestimmten Begriffen eine Gefahrenabschätzung durch die Polizei ein. Danach können Menschen überwacht werden, in Präventivhaft genommen oder Fußfesseln angelegt bekommen, auch wenn diese Menschen noch nicht konkret verdächtig sind… Die mit der Gesetzesverschärfung geplanten Meldeauflagen ermöglichen der Polizei allein zu entscheiden, wer sich bis zu einem Monat regelmäßig bei einer Polizeistation melden muss. Die Meldeauflagen werden explizit im Rahmen des Versammlungsgesetzes, vor allem für politisch aktive Menschen, vorgesehen… Nicht nur das Sicherheitsgefühl, sondern auch die Sicherheitslage derjenigen Menschen wird massiv gestört, die schon jetzt häufig im Fokus der Polizei stehen. Menschen mit Migrationshintergrund sind besonders betroffen von rassistischen Sicherheitsdiskursen, die Flucht und Migration in einem Atemzug in den Zusammenhang mit Kriminalität und ‚Terrorismus‘ stellen. Das verfassungswidrige ‚Racial Profiling‘, also die anlassunabhängige Polizeikontrolle und Verdächtigungen von beispielsweise als Migrant*innen wahrgenommenen Menschen, ist eine Vorstufe der neuen geplanten gesetzlichen Maßnahmen. Die von Schröter und seinen Innenministerkollegen geplanten Verschärfungen der Polizeigesetze gehen uns jedoch alle an. Egal ob politische Aktivist*innen, Fußballfans, Gewerkschafter*innen, Wohnungslose, Menschen mit psychischer Erkrankung oder auch einfach nur Kapuzenpulli-Träger*innen: die vorgeschlagenen polizeilichen Maßnahmen können und werden bei allen zur Anwendung kommen.“
Für Samstag 10. November 2018 ruft das Bündnis gegen das neue Brandenburger Polizeigesetz auf: Gehen wir gemeinsam für unsere Grund- und Freiheitsrechte und gegen die Polizeigesetzesverschärfungen in Potsdam auf die Straße. Auftakt: 13:30 Uhr am Bahnhof Charlottenhof in Potsdam; Demostart: 14:00 Uhr.
Führt Teilhabe an der Macht bzw. an der Landesregierung zur politischen Korrumpierung?
Diese Frage ist berechtigt. Die Landesregierung in Brandenburg besteht seit dem 05.11.2014 als rot-rote Koalition aus den Parteien SPD und Die Linke. Und Gliederungen der Partei Die Linke sind unter den Unterstützer*innen des Aufrufs gegen das neue Polizeigesetz (Stand: 21.10.2018) nicht zu finden. Dies ist vergleichbar mit der Situation in Hessen (schwarz-grüne Landesregierung), in der die Grünen jede Gesetzungsverschärfung des CDU-Innenministers weitgehend kritiklos durchgewunken haben.