MainArbeit, Kommunales Jobcenter der Stadt Offenbach: Zweifelhafter Umgang mit Personalausweiskopien?
Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main erhielt von einzelnen „Kunden“ der MainArbeit. Kommunales Jobcenter der Stadt Offenbach, Anfragen bzw. Beschwerden über den Umgang dieser Behörde mit Personalausweisen und Personalausweiskopien. Einige Beispiele, die uns genannt wurden:
- Bei Vorsprachen würde die Vorlage von Personalausweisen gefordert, was an und für sich unproblematisch und zulässig ist. Dies diene aber nicht allein der Prüfung der Identität der jeweiligen Person. Die Ausweise würden häufig für die gesamte Dauer der Vorsprache einbehalten und erst am Ende des Gesprächs wieder zurückgegeben; auch dann, wenn ein Gespräch unterbrochen werde.
- In einzelnen Fällen seien Bevollmächtigte (§ 13 SGB X), die ohne die persönliche Anwesenheit des Vollmachtgebers vorsprachen, aufgefordert worden, Ausweispapiere des Vollmachgebers an Beschäftigte des Jobcenters auszuhändigen.
- Sollte letzteres von den Bevollmächtigten im Einzelfall abgelehnt worden sein, seien diese aufgefordert worden, Kopien von den Ausweispapieren der Vollmachtgeber anzufertigen und diese vorzulegen.
- Bei einer Antragstellung durch Bevollmächtigte würde unter Hinweis auf die Mitwirkungspflichten des Hilfeempfängers Ausweise oder Ausweiskopien verlangt; diese würden eingescannt und Teil der elektronischen Akte des Hilfeempfängers.
Dies war für die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main Anlass, den Geschäftsführer der MainArbeit mit diesen Angaben in einem Schreiben zu konfrontieren. Das Schreiben endete mit zwei Bitten:
- „… uns gegenüber zeitnah schriftlich auf die hier vorgetragenen Sachverhalte einzugehen und aus Ihrer Sicht dazu eine Stellungnahme abzugeben.
- … uns einschlägige Richtlinien, wie die Beschäftigten Ihrer Dienststelle mit Ausweispapieren umgehen sollen, in Kopie zu überlassen.“
Die Antwort des Behördenleiters kam überraschend schnell, war aber bedauerlicher Weise in der Sache nichtssagend. Der Kern der Botschaft: „ Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich von einer Beantwortung Ihrer Fragen im Detail absehen, da ich wir Ihrer Organisation gegenüber nicht auskunftsverpflichtet sind. Seien Sie versichert, dass die Praxis im Umgang mit Personaldokumenten in unserem Hause rechtmäßig ist. Sollten sich einzelne Kunden unseres Hauses oder deren Beistände dennoch in ihren Rechten beschnitten fühlen, steht es diesen selbstverständlich frei, sich jederzeit direkt an mich zu wenden oder Rechtsmittel einzusetzen.“
Ein bemerkenswerter Fall von Intransparenz!
Sie ist nur möglich, weil MainArbeit als Kommunales Jobcenter Offenbach als zugelassener kommunaler Träger des SGB II eine Einrichtung nach hessischem Landesrecht ist. In Hessen gibt es – im Unterschied zum Bund und zur überwiegenden Mehrzahl der Bundesländer – kein Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetz, das Behörden verpflichtet, Informationen an anfragende BürgerInnen herauszugeben, soweit im Einzelnen nicht schutzwürdige Daten einzelner Personen, Geschäftsgeheimnisse oder sicherheitsrelevante Informationen abgefragt werden.
Die Bundesagentur für Arbeit – zuständig für die Mehrzahl der Jobcenter in Deutschland – veröffentlicht auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) des Bundes interne Arbeitsanweisungen („Handlungsempfehlungen und Geschäftsanweisungen – HEGA“) in großer Zahl im Internet. So ist in der Anlage 1 der „HEGA 03/13 – 09 – Hinweise zum Aufbau und Führen einer Leistungsakte“ unter „Erst- und Weiterbewilligungsantrag“ festgestellt, dass Kopien von Personalausweisen oder Pässen nicht zulässig bzw. erforderlich sind.
Würde der MainArbeit Offenbach ein Zacken aus der Krone brechen, wenn sie vergleichbare Informationen ebenfalls veröffentlichen würde? Wir meinen: NEIN!
Zurück zum Thema Personalausweiskopien: Die zitierte Arbeitsanweisung der Bundesagentur für Arbeit stützt sich u. a. auf Regelungen im Personalausweisgesetz und auf eine Stellungnahme des Bundesinnenministeriums zur Zulässigkeit der Vervielfältigung von Reisepässen und Personalausweisen. Diese Regelungen gelten auch in und für die MainArbeit, Kommunales Jobcenter der Stadt Offenbach!
BeschwerdeführerInnen aus Offenbach seien darauf hingewiesen, dass der Hessische Datenschutzbeauftragte die Datenschutzaufsichtsbehörde der kommunalen Jobcenter in Hessen ist. Kontaktdaten dieser Behörde finden Sie hier. Beschwerden sind schriftlich oder per E-Mail möglich. Angaben zur Person des Beschwerdeführers werden vom Datenschutzbeauftragten vertraulich behandelt und nicht an die Behörde weitergegeben, über die eine Beschwerde abgegeben wird.
Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main interpretiert die oben zitierte Aussage des Geschäftsführers der MainArbeit Offenbach „Sollten sich einzelne Kunden unseres Hauses oder deren Beistände dennoch in ihren Rechten beschnitten fühlen, steht es diesen selbstverständlich frei, sich jederzeit direkt an mich zu wenden“ so, dass darin die Aufforderung enthalten ist, seine Kontaktdaten im Rahmen dieses Beitrag zu veröffentlichen. Sie sind hier nachlesbar. Da in dieser Veröffentlichung die Mailadresse fehlt, sei sie zur schnellen und kostengünstigen (wichtig für Hartz Vierer !) Kontaktaufnahme nachgetragen: Matthias.Schulze-Boeing@offenbach.de.
Es gibt noch viel mehr was Jobcenter kopieren, aber nicht kopieren dürfen. Auf einer anderen Internetseite habe ich eine Zusammenstellung zu diesem Thema gefunden, bei der mit Ampelfarben gut illustriert, was kopiert werden darf, was ggf. im konkreten Einzelfall noch erlaubt ist und was absolutes no go! ist: http://www.beispielklagen.de/IFG062/2012_Was_Jobcenter_kopieren_duerfen.pdf Mir hat die Liste in Auseinandersetzungen schon geholfen.
Das Kopieren von Personalausweispapieren ist lt. §14 und §20 des Personalausweisgesetz verboten.
https://www.haufe.de/immobilien/wohnungswirtschaft/wohnungswirtschaftliche-urteile-mietrecht-juni-2014/verbot-des-scannens-von-personalausweisen_260_235490.html
https://www.datenschutzbeauftragter-info.de/nicht-bemerkt-personalausweis-kopieren-verboten/